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WENN FRAUEN WIEDER IN DEN BERUF EINSTEIGEN
Manche müssen, manche wollen wiedereinsteigen: Wichtig ist, die eigenen
Motive zu klären, zur Nach- und Umschulung bereit zu sein und möglichst realistische Erwartungen an die Arbeit (und deren Entlohnung) zu haben -dann macht's auch Spaß!
Redaktionelle Gestaltung: Leonore Rambosek
Sie müssen es, weil Alimentations-zahlungen nach der Scheidung lediglich den Kindern zukommen, oder sie wollen es, weil...
das Selbständigwerden der heranwachsenden Kinder sie wieder mehr auf sich selbst verweist, zuläßt, daß sie wieder an eigene Interessen und Fähigkeiten denken; das Bedürfnis gebraucht zu werden, auch außerhalb der eigenen Familie erfüllt werden kann; mehr soziale Kontakte über den Familien- und gemeinsamen Freundeskreis hinaus erwünscht sind; finanzielle Mittel für Hobbys oder ein angenehmeres Leben benötigt werden.
Die halbbewußte ungeklärte Mischung dieser und anderer Motive gibt meist den Anstoß, wenn Frauen nach einer familienbedingten beruflichen Pause wieder ins Erwerbsleben einsteigen. Sie sind dann um die vierzig Jahre alt, haben gewöhnlich zwischen zehn und zwanzig Jahren pausiert.
Unabhängig von der Dauer ihrer Nichtberufstätigkeit ist für sie das Arbeitsamt des jeweiligen Bundeslan-des(oder dessen regionale Unterabteilung) zuständig. Eine Ausnahme ist die Bundeshauptstadt, in Wien sind die Arbeitsämter nach Berufsbereichen untergliedert (etwa analog den Fachgewerkschaften).
Am Arbeitsamt erhält die Wieder-e insteigerin erste Auskünfte über Auf-frischungs-, Fortbildungs- oder Höherqualifizierungskurse, die in vielen Berufszweigen vor dem Wiedereinstieg notwendig sind und besonders in allen Büroberufen durch den Einzug der Computer eine Voraussetzung darstellen.
Wie Veronika Azizi-Burkart vom Landesarbeitsamt Wien betont, gebe es aber viele Wiedereinsteigerinnen, die keinesfalls in den früher ausgeübten Beruf zurückwollten. Sei es, weil die Berufswahl höchst zufällig oder von den Eltern bestimmt war, sei es, weil die Frauen mittlerweile ihre Fähigkeiten in einem völlig anderen Bereich entdecken, odernureine man-
gelhafte Ausbildung absolviert haben.
Mit Hilfe der Berater(innen) des Arbeitsamtes können Wiedereinsteigerinnen sich für die (kostenlose) Teilnahme an den von der Arbeitsmarktverwaltung, einer Sektion des Sozialministeriums, angebotenen Kursen zur Auffrischung, Fortbildung oder Höherqualifizierung entscheiden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß das Arbeitsamt nach der Absol v ierung der Kurse auch Arbeitsplätze in diesem Bereich vermitteln kann. Fortbildungskurse für derzeit nicht vermittelbare Berufe werden auch dann gefördert, wenn eine Stellenzusage vorliegt.
Betriebspraktikum vorgesehen
Für alle jene Frauen, die nicht in den früheren Beurf zurückwollen, für Frauen ohne Berufsausbildung oder solche, die durch ihren früheren Beruf bereits gesundheitliche Schäden davongetragen haben (Friseurinnen durch Allergien etwa), oder die altersbedingt im früheren Beruf praktisch chancenlos wären (Friseurinnen oder Krankenschwestern), wird die Teilnahme an Berufsorientierungskursen angeboten.
Diese österreichweit von den Landesarbeitsämtern veranstalteten ganztägigen Kursformen geben Wiedereinsteigerinnen Gelegenheit, in Gruppen von maximal 20 Gleichgesinnten und Gleichbetroffenen während der
Zeit von drei bis viereinhalb Monaten alle wichtigen Fragen um die neue Berufstätigkeit zu klären.
Ein gemeinsamer Lernprozeß ermöglicht es jeder einzelnen Teilnehmerin, ihre Erwartungen und Ängste zur Sprache zu bringen, tatsächliche Fähigkeiten und Kenntnisse zu erproben, die Neuorganisation des häus-lichen Umfeldes zu planen, Reaktionen von Partnern und Kindern realistisch einschätzen zu lernen. Besonders beim „unfreiwilligen" Wiedereinstieg geschiedener Frauen mit noch unbewältigtem Trauer- und Aggressionserleben bedarf es einer vorherigen Abklärung aller Folgeprobleme mit Kindern, Wohnung, Finanzen.
In der Kursphase der Berufsinformation werden Ausbildungsinstitutionen besucht, Bewerbungen eingeübt. Im Mittelpunkt aber steht ein vierwöchiges Betriebspraktikum in einem Unternehmen, für das die Arbeitsmarktverwaltung Bezahlung und Versicherungskosten übernimmt.Dem Unternehmen erwachsen, außer der Arbeitseinführung, keinerlei Verpflichtungen.
Im begleitenden Gruppengespräch wird den Kursteilnehmerinnen der Austausch ihrer Erfahrungen ermög-1 icht. Manchmal entsteht aufgrund dieses Praktikums ein Dienstverhältnis, allenfalls nötige ergänzende Ausbildungsgänge werden absolviert. Gerade die gegenüber älteren Wiedereinsteigerinnen herrschenden Vorurteile könnten solche Betriebspraktika immer wieder abbauen, betont Veronika Azizi-Burkart.
Von Teilzeitbeschäftigung raten die Berater(innen) der Arbeitsämter grundsätzlich ab, da qualifizierte Teilzeitstellen eher selten seien und etwa 80 Prozent der angebotenen Tätigkeiten in die Nachmittags- und Abendstunden fielen, etwa bei Verkäuferinnen, Putzfrauen. Sie ließen sich nur schlecht mit den vorhandenen Fami-
lienaufgaben vereinbaren.
Am wenigsten schwierig sei der Wiedereinstieg für Frauen, die Hilfstätigkeiten zu verrichten bereit seien, am schwierigsten zu vermitteln seien ältere Frauen. Für diese eröffne sich allerdings in Zukunft immer stärker das Feld der „helfenden Berufe", für das sie sich nach ihrer Familientätigkeit auch besonders kompetent fühlten.
Das Problem des Wiedereinstiegs der Frauen in den Beruf scheint also einerseits in der unterschiedlichen Bewertung der beruflichen Tätigkeit bei Frauen und Männern zu liegen. Andererseits ist es in einem immer mehr ins Extreme sich entwickelnden Verständnis von Arbeit überhaupt zu suchen.
Wenn Frauen nach einer meist kürzeren (weniger qualifizierenden) Ausbildung aus dem Erwerbsleben „aussteigen", eignen sie sich in einer familienbedingten Pause eine* Viel-
zahl von Qualifikationen an. Bei Neubeginn werden sie aber - teils aus Mangel an Selbstvertrauen - auf unqualifizierte oder höchst nützliche „soziale Bereiche" verwiesen, für die natürlich angesichts der Alterspyramide steigender Bedarf besteht.
Noch immer teilt die Gesellschaft Arbeiten in solche, die hochspezialisierte Kenntnisse erfordert und Spitzen Verdienste einbringen, und solche, die als Dienstleistungen den gesamten Menschen beanspruchen und im wahrsten Sinn des Wortes nicht honoriert werden.
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