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Die Töchter können mehr

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Die Erwerbstätigkeit der Frauen ist in den letzten zwanzig Jahren in Österreich kontinuierlich gestiegen. Von 2,7 Millionen unselbständig Erwerbstätigen waren 1986 1,1 Millionen Frauen. Für immer mehr Frauen ist die Berufstätigkeit keine Ubergangslösung, sondern eine Daueraufgabe. Im Bewußtsein vieler gilt es aber immer noch vorherrschend für den Mann als normal, daß er eine Familie hat und berufstätig ist. Frauen hingegen müssen Beruf und Familie „vereinbaren“. Was für ihn selbstverständlich und sogar karrierefördernd ist, ist für sie Grundlage für betriebliche Benachteiligung.

Dabei ist das Familienmodell, in dem der Mann Frau und Kinder ernährt, heute bereits ein Minderheitenmodell. 60 Prozent der 25-40jährigen Frauen mit Kindem sind außerhäuslich erwerbstätig.

Schaut frau sich die Stellenangebote in den Zeitungen an, so findet sie sich gefragt als Sekretärin, Verkäuferin, Pflegepersonal im Gesundheits- und Sozialbereich oder in Reinigungsberufen. Chancen hat sie vielleicht noch als Hilfsarbeiterin in Produktionsberufen.

Facharbeiter sind zwar heute auch gefragt, aber hauptsächlich in ihrer männlichen Ausprägung.

Die Arbeitswelt zerfällt in „Männerberufe“ und „Frauenberufe“.

Das auffälligste Unterscheidungsmerkmal dabei sind Entlohnung und Aufstiegschancen. Fähigkeiten, die in den „Frauenberufen“ vorausgesetzt werden, wie Geschicklichkeit, Genauigkeit, Ausdauer, Fürsorglichkeit, werden als „typisch weibliche“ Eigenschaften angesehen und daher nicht extra entlohnt, während etwa die „typisch männliche“ Körperkraft in die Arbeitsbewertung eingeht.

Auffallend ist außerdem, daß Frauen häufig untergeordnete Tätigkeiten verrichten und auch in den Frauenberufen die leitenden Funktionen von Männern besetzt sind.

Frauen werden schon bei der Einstellung und später bei Beförderungen unterschiedlich behandelt. Zum Beispiel haben 61 Prozent der Frauen, die hochqualifizierte Angestelltentätigkeiten verrichten, ein abgeschlossenes Hochschulstudium, aber nur 44 Prozent der hochqualifizierten männlichen Angestellten sind Hochschulabsolventen.

Weibliche Maturanten werden vielfach als Schreibkräfte eingesetzt, männliche werden—oft binnen kurzem - Abteilungsleiter.

Beispielgebend dafür, daß und wie sich etwas an dieser subtilen, auf Vorurteilen beruhenden Ungleichbehandlung ändern kann, ist das Förderungsprogramm für Frauen im Bundesdienst. Durch dieses Programm sollen verstärkt Frauen in Planstellen höherer Verwendungsgruppen übernommen, spezielle Aus- und Weiterbildungsprogramme für weibliche Bedienstete angeboten ( Kurs der Verwaltungsakademie „Die Frau als Vorgesetzte“), leitende Positionen bei gleicher Eignung bevorzugt mit Frauen besetzt werden. Für Frauen soll der Zugang zu allen (Ausbildungs-)Be-reichen, vor allem den technischen, eröffnet werden.

Fünfzig Prozent aller seit 1980 neu aufgenommenen Bundesbediensteten sind Frauen. In den Lehrwerkstätten der Bundesbahnen (ÖBB) und der Post werden (Kfz-) Mechanikerinnen und Fernmeldemonteurinnnen ausgebildet. Die ÖBB bilden Fahrdienstleiterinnen aus, es gibt weibliche Kriminalbeamtinnen bei der Gendarmerie, eine Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, eine weibliche Sektionschefin.

Die beste Voraussetzung für eine Veränderung der Situation der Frauen in der Arbeitswelt liegt in der Ausbildung der Mädchen von heute. Die Mädchen haben in ihrer schulischen Ausbildung in den letzten zehn Jahren die Burschen eingeholt, oder sogar übertroffen. Berufstätigkeit ist für sie genauso ein selbstverständliches Lebensziel wie für die Burschen. Ebenso sind die Vorurteile, daß Mädchen technisch unbegabt sind, oder kein Verständnis für Mathematik haben, durch die Praxis widerlegt. Das neue Selbstbewußtsein der Mädchen drückt sich auch darin aus, daß sie sich in bisherige „Männerberufe“ vorwagen.

Es sind zwar immer noch wenige, die beispielsweise Tischlerinnen, Kf z-Mechanikerinnen, Elektroinstallateurinnen, Fotografinnen, Optikerinnen und ähnliches lernen, aber sie sind in diesen Berufen genauso erfolgreich wie in der Schule. Das gilt auch für Studentinnen der naturwissenschaftlichen oder technischen Studienrichtungen an den Universitäten.

Unter dem Motto „Berufsplanung ist Lebensplanung“ wurde vom Staatssekretariat für Allgemeine Frauenfragen die Aktion „Töchter können mehr“ ins Leben gerufen.

Gemeinsam mit dem Sozialministerium, dem Unterrichtsministerium, dem österreichischen Gewerkschaftsbund, der Arbeiterkammer und Interessenvertretungen der Wirtschaft werden dabei unter anderem Vorbereitungskurse für interessierte Mädchen der 8. und 9. Schulstufe abgehalten, durch die technische Schul-ausbüdungen oder Lehrberufe schmackhaft gemacht werden sollen. Die Arbeitsmarktverwaltung fördert die Ausbildung von Mädchen in Berufen mit geringem Frauenanteil, ein telefonischer Beratungsdienst des Frauenstaatssekretariats und Informationsmaterialien, auch Filme, die im Unterricht eingesetzt werden können, stehen zur Verfügung.

Frauen sind aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Alle Verbesserungen ihrer Situation tragen letztlich zur Humanisierung der Arbeit für alle Menschen bei.

Die Autorin ist Soziologin und arbeitet im Frauen-Staatssekretariat im Bereich .Arbeitswelt“ und in der Aktion „Töchter können mehr“.

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