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Chancen für Frauen will die steirische Aktion „Taten statt Worte” schaffen: nicht mit Almosen, sondern mit echten Berufshilfen.

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Chancen für Frauen will die steirische Aktion „Taten statt Worte” schaffen: nicht mit Almosen, sondern mit echten Berufshilfen.

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Taten statt Worte” ist eine steirisch-österreichi-sche Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Situation der Frauen in der Arbeitswelt zu verbessern. Die Idee für dieses Projekt kommt aus der Schweiz und wurde von der steirischen Frauen- und Fa-milienreferentin, der Nationalratsabgeordneten Ridi Steibl, nach Österreich geholt.

So wurde die Steiermark die Zentrale der steirisch-österreichischen Initiative „Taten statt Worte”. Ridi Steibl wollte mit einem neuen Ansatz an die Problematik der Vereinbarkeit von Beruf und Familie herangehen: Nicht mehr die Personalabteilung alleine, sondern gerade auch die Vorgesetzten in ihren Führungsaufgaben, sollen für Mitarbeiterinnenförderung und Personalentwicklyng zuständig sein. Es handelt sich um eine private Initiative, durch die grundsätzlich das oberste Management angesprochen wird, ebenso wie die Führungskräfte sowohl bei privaten wie staatlichen Arbeitgebern. Eine „neue Dimension der Unternehmenskultur” soll erreicht werden, bei der das ganze Umfeld für Frauen, und damit auch für Familien, verbessert werden kann.

Dazu werden für diverse Betriebe Modelle geschaffen, die garantieren, daß in verschiedenen Unternehmenskulturen konkrete Fortschritte oder Veränderungen in Richtung Frauen-Und Familienfreundlichkeit realisiert Verden können. Wer bei „Taten statt Worte” mitmacht, muß die Gewährung von frauen- und familien-””eundlichen Strukturen in die Un-^mehmenszielsetzung aufnehmen. wir wirkliche Veränderungen im Unternehmen - vor allem im Denken und Handeln - bewirken auch wirkliche Veränderungen für Frauen. Frauenförderung ist kein Ghettoprogramm, sondern die Chance für Betriebe, sich Qualifikationen für die Zukunft zu sichern, sowie für Frauen, ihre Fähigkeiten in den Beruf einzubringen und sich zu entwickeln.

1991 wurde in der Steiermark, basierend auf diesen Überzeugungen, der erste Wettbewerb zum frauen-und familienfreundlichsten Betrieb durchgeführt, mit dem Ziel, positive Beispiele aus der Wirtschaft aufzuzeigen. Die Bemühungen dazu zeigten bald Erfolge. Seit damals stieg die Zahl der Unternehmen, die sich an diesem Wettbewerb beteiligen, stetig an. Mittlerweile haben sich 250 Betriebe beteiligt und arbeiten daran, die Qualität des Arbeitsplatzes für ihre Mitarbeiterinnen zu verbessern. Sie zeigten, daß Frauen- und Familienfreundlichkeit nicht mehr nur ein Schlagwort ist Mittlerweile wird auch in Wien jährlich der Wettbewerb „Der gläserne Schuh” durchgeführt.

Unternehmen, die heute frauen-und familienfreundliche Rahmenbedingungen schaffen, haben erkannt, daß es bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie um eine ganzheitliche Gestaltung der Arbeits- und Lebensweit geht, die Nutzen für beide Seiten bringt. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, denen eine familienfreundliche Beschäftigungspolitik bei der Uberwindung der Doppelbelastung wirklich hilft, belohnen das in sie gesetzte Vertrauen durch gute, schnelle und qualifizierte Arbeit.

Unsere Wettbewerbe haben ganz deutlich gezeigt, daß Frauenförder-maßnahmen kein großes Budget, sondern primär Aufgeschlossenheit, Umdenken und Eigeninitiative erfordern. Durch die Prämiierung der frauen- und familienfreundlichsten Betriebe soll die Bedeutung der Frauen- und Familienförderung öffentliche Anerkennung finden und zur Nachahmung auffordern.

Jährlich nehmen rund 60 steirische Betriebe an unserem Wettbewerb teil. Um ein objektives Ergebnis zu erlangen, werden diese nach einem strengen Verfahren unter gleichen Bedingungen geprüft. Besonderes Augenmerk wird auf folgende Kriterien gerichtet: Anzahl von Frauen in Führungspositionen; Teilzeitarbeitsmöglichkeiten; Weiterbildung; Situation während der Karenz und Förderung des Wiedereinstiegs; Anpassung der Arbeitszeit an die individuellen Bedürfnisse; Anpassung der Arbeitszeit an die Zeiten der öffentlichen Verkehrsmittel; finanzielle Zuschüsse für Familien und familienfreundliche Einrichtungen; kein Lohnunterschied bei gleichwertiger Arbeit von Männern und Frauen Im Vorjahr hat sich bei den teilnehmenden Betrieben beispielsweise besonders positiv gezeigt, daß

■ die Dienstleistungsbranche die höchste Anzahl an weiblichen Führungskräften aufweist, gefolgt von Banken und Versicherungen und Handelsunternehmen;

■ 89 Prozent der am Wettbewerb beteiligten Unternehmen Teilzeitarbeitsplätze anbieten;

■ 45 Prozent der Betriebe die Arbeitszeit mit den Betriebszeiten der öffentlichen Verkehrsmittel abstimmen; ein Wiedereinstieg nach der Karenzzeit von Banken und Versicherungen sowie von Dienstleistungsunternehmen besonders gefördert wird;

■ 23 Prozent der teilnehmenden Betriebe einen erweiterten Pflegefreistellungsanspruch anbieten.

Diese .für Frauen und Familien durchaus erfolgreichen Ergebnisse dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß noch viel geschehen muß, um aus dem Bereich einzelner beispielhafter Betriebe hinauszugehen und unsere gesamte Wirtschaft zugunsten aller Beteiligten familien-und frauenfreundlicher zu machen.

Die für die Zukunft vorrangigen Anliegen, um dies zu erreichen, sind folgende: flexible Arbeitszeiten; Forcierung von Jahresarbeitszeitmodellen; qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze; Becht auf Teilzeitarbeit bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes; Entwicklung der Telearbeit; Aufwertung der Lehrberufe durch Anhebung des Ausbildungsniveaus; verstärkte Aus- und Weiterbildung.

„Taten statt Worte” bietet berufs tätigen Frauen Hilfestellungen und unterstützt sie konkret:

■ bei der Stellenbewerbung: Analyse der eigenen Situation und des Umfeldes; bei der Aus- und Weiterbildung: berufliches Ziel finden, definieren, Strategien entwickeln, berufskundli-che Informationen, Bealisierungs-möglichkeiten aufzeigen;

■ bei der Karriereplanung: neue Wege, Chancen und Möglichkeiten entwickeln; in der Familienpause: Familien- und Berufsmanagement; beim Wiedereinstieg; aktive Arbeitssuche, Kinderbetreuungshilfen;

■ Gleichbehandlung: wie und wo kommt die Arbeitnehmerin zu ihrem Recht?

■ Frauen und EU: Forcierung von Frauenprojekten im Rahmen der neuen Möglichkeiten;

„Taten statt Worte” hilft den Unternehmen konkret durch:

Organisation von Erfahrungsaustausch, Anregungen, Vernetzung durch Meetings, Symposien und so weiter; Evaluation und Aufbereitung von Erfahrungen; Dokumentation und Information; Beratungund Feedback für interne Projekte; Schaffung von Selbstdarstellungsmöglichkeiten; Weiterbildung durch spezielle Seminare: Entwicklung gemeinsamer Projekte zwischen verschiedenen Firmen; Informationsweitergabe via Medien; Sachbroschüren: „Frauen-förderungin Betrieben”, „Frauen-Arbeit-Arbeitsrecht”, „Frauen-Arbeit-Fördern - Fordern ”

Zum Abschluß sei noch bemerkt, daß Frauenförderung keine karitative Maßnahme von großzügigen Unternehmen zugunsten eingeschränkt leistungsfähiger Frauen ist, sondern eine große Chance für Betrieb und Arbeitnehmerinnen, die wahrgenommen werden sollte. Ein Betrieb hat nur Zukunft, wenn er auch Frauen eine Zukunft gibt! R S

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