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Zwischen Zorn und Erfolg

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Zwei neue Bücher zu dem immergrünen Thema Frauenemanzipation zeigen die Vielfalt der Standpunkte. „Blick nach vorn im Zorn", herausgegeben von Michaela Huber und Barbara Bussfeld, beschäftigt sich in dreizehn Aufsätzen mit der Zukunft der Frauenarbeit. In sechzehn Porträts versucht die deutsche Journalistin Gabriele Metzler, das Leben von Frauen, die es geschafft haben", nachzuzeichnen.

„Die Berufsarbeit wird vom Mann und seinen Normen beherrscht; Frauen haben sich anzupassen oder sie ecken an. Es gilt wie eine Maschine zu funktionie-

ren." Bei Feststellungen dieser Art ist klar, wie Huber/Bussfeld in die Zukunft blicken, nämlich mit wenig Sympathie für die „männliche" Welt, was immer dies auch sei. Ob es sich um Heimcomputer, Arbeitsstreß oder Anpassungsdruck handelt - für die Autorinnen stecken hinter allem männliche Macht- und Entscheidungsstrukturen, deren Grundlage gewaltsamer Druck, vor allem auf Frauen, ist; als ob die Männer nicht selbst auch oft genug Opfer dieser Leistungs- und Profitgesellschaft wären.

Darf man die Frage nach den Auswirkungen neuer Technologien wie die deutsche Soziologin Maria Mies wirklich mit der simplen Gegenfrage abtun: „Wozu brauchen wir das alles?"

Trotz der extremen Position,

die die Autorinnen einnehmen und bei denen oft Altes vom Kampf der Geschlechter gegen auch nicht mehr Taufrisches von Karl Marx eingetauscht wird, ist das Buch lesenswert, weil es auch viele tatsächliche Mißstände in der Arbeitswelt klar und deutlich beim Namen nennt.

Die neuen Technologien bringen enorme Umwälzungen in der Arbeitsverteilung mit sich, von denen besonders die Minderqualifizierten betroffen sind. Zu diesen zählen viele Frauen, die vielleicht nichts gegen eine Rückkehr zum häuslichen Herd und zur Familie einzuwenden hätten, denen dies aber durch die hohen materiellen Ansprüche der Familie oder durch eine Scheidung verwehrt ist. „Elektronische Heimarbeit" und „unbezahlte Sozialarbeit" sind längst mehr als nur Schlagworte; sie sind bittere Realität. Von Selbstverwirklichung zu sprechen, wo es ums nackte Uberleben geht, ist einfach Zynismus, wenn auch nicht unbedingt typisch männlich.

Um die Frage, ob weibliche Tätigkeit der Selbstverwirklichung dient, geht es aber — auf einer ganz anderen Ebene — auch in dem Buch von Gabriele Metzler. Die Karrierefrauen sind zu meist unfreiwilligen „Speerspitzen" der Frauenbewegung im Kampf um mehr Gleichberechtigung gewor-

den. Ihr beruflicher Aufstieg ist mehr als alle theoretischen Diskussionen der deutliche, für Freund und Feind weithin sichtbare Beweis dafür, daß Frauen immer häufiger nicht nur gleich gut, sondern besser als Männer in der „männlichen" Welt vorwärtskommen.

Einsam an der Spitze

Gabriele Metzler ist an ihr Thema jedoch ganz ohne den üblichen spektakulären, an Sensationslust und Neid orientierten Anstrich herangegangen. Das Persönliche, das gerade erfolgreiche Frauen oft nicht gern aussprechen, hat sie in einer separaten Einführung ausgegliedert. In diesem kurzen Abriß ist mehr über die Persönlichkeitsstruktur erfolgreicher Frauen gesagt als in hundert der sattsam bekannten Traktate über die „tollen Weiber im Management", die sich mit Pelzen behängen und die Männer wie taube Nüsse „aufknacken". An dergleichen glauben zum Glück nicht einmal die, die solchen Unsinn schreiben.

Einsam sind sie, die Damen an der Spitze. Ihre Liebe zur Sache ist groß, andere Formen von Liebe oft problematisch: „Emotionen müßten eigentlich genauso sicher

und dauerhaft sein wie der Erwerb von Immobilien... Ausschließlichkeitsanspruch ... übersteigerte Angsthaltung... Eifersucht ... Verkapselung... alle Frauen mit Kindern äußerten sich generell zum Problem Kind und Beruf als konfliktgeladene Beziehung und betonten ihr schlechtes Gewissen...

Es sind sehr behutsame und trotzdem plastische Schilderungen von Persönlichkeiten, die Gabriele Metzler nach dieser allgemeinen Seelenanalyse von bekannten erfolgreichen Frauen wie der Modeschöpferin Jil Sander, der Politikerin Liselotte Funke, der Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann und der Diamantenhändlerin Susann Lange-Mechlen gibt. Die meisten stammen aus der Oberschicht oder aus der oberen Mittelschicht. Der Vater ist die dominierende Figur, an eher konfliktbeladenen Mutter-Beziehungen wird früh erkannt, wie schwierig es vielfach ist, ernstes berufliches Engagement mit einem glücklichen Familienleben zu verbinden. Erst wenn der berufliche Aufstieg abgesichert ist, erfolgt wieder eine Hinwendung zur fürsorglich-hingebungsvollen „weiblichen" Mutter.

Die Frauenbewegung ist in die Jahre gekommen. „Erfüllt, erschöpft, ernüchtert", betitelte die Journalistin Anneliese Rohrer ei-

nen Artikel über die Frau der achtziger Jahre. Am Beginn stand die Revolution. Mittlerweile ist Zeit vergangen. Viele Frauen haben den Sprung ins Berufsleben gewagt, manche sind gut vorwärtsgekommen, viele frustriert, bei den jetzt auf den Arbeitsmarkt drängenden geburtsstarken Jahrgängen stellt der Kampf um den Arbeitsplatz in vielen Bereichen Frauen und Männer auf eine Stufe. In manchen besser honorierten Bereichen wie im Journalismus konnten sich Frauen erfolgreich etablieren, in anderen wiederum — Banken und Versicherungen - sind sie bis heute nicht über eine bestimmte Hierarchiehöhe hinausgelangt.

Ohne Maschinensturm

Zur Tagesordnung der Männer überzugehen ist jedenfalls sicher nicht mehr möglich, ebenso falsch wäre es jedoch, aus der ausschließlichen Zuordnung von Technik und Technologie zum männlichen Geist das Recht auf einen „weiblichen" Maschinensturm abzuleiten. Wichtig ist es, einfach die Realitäten zu sehen und dort einzugreifen, wo soziale und menschliche Probleme auftreten. Da beide Bücher Teilaspekte sehr eindringlich beleuchten, sind den Autoren jedenfalls möglichst viele Männer und Frauen als Leser zu wünschen.

BLICK NACH VORN IM ZORN. Herausgegeben von Michaela Huber und Barbara Bussfeld, Beltz-Verlag, Weinheim und Basel. 1985. 263 Seiten, kart., öS 218,40. FRAUEN, DIE ES GESCHAFFT HABEN. Von Gabriele Metzler, Econ Verlag. 1985. 269 Seiten, öS 249,60.

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