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Wiederentdeckte Seria

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Die letzte Oper Mozarts, „Titus“ („La clemenza di Tito“), wurde aus Anlaß der Krönung Leopolds II. zum König von Böhmen am Prager Nationaltheater im September 1791 uraufgeführt. Wenige Monate darauf starb Mozart. Trotz des Erfolges der immer mehr und galt bis vor einiger Festaufführung verlor das Werk seinen ursprünglichen guten Ruf Zeit als ein nicht eben sehr gelungenes Nebenwerk des Meisters. Das 19. Jahrhundert wußte mit dem Typ der „Seria“ nicht viel anzufangen: Die fast asketische Strenge und die objektivierende Gestaltung, die den Akteuren keinerlei Individualität zubilligt, sondern sie eine Art von Spruchbandträgern sein läßt, lag dem romantisierenden 19. Jahrhundert nicht. Sie vermag aber unsere Gegenwart, die das epische Theater als Selbstverständlichkeit empfindet, sehr wohl wieder zu interessieren, kaum jedoch wird sie populär werden. Ein aufmerksames, gebildetes Publikum aber wird Gefallen finden an der schlichten, klaren, konzentrierten Strenge des Stils. Dies besonders, wenn sich ein Team findet, das mit großer Hingabe dieses Werk erarbeitet.

Das war der Fall bei der letzten Premiere der Grazer Oper in der abgelaufenen Spielzeit. Sie fiel wegen des verfrühten Weggangs des Intendanten Schubert bereits in die Kompetenz des neuen, nämlich Dr. Ne-meths. Wenn der Erfolg dieser hervorragenden Aufführung dem neuen Intendanten treu bleibt, dann kann man ihm nur gratulieren. Ernst Märzendorfer, der Grazer, war für kurze Zeit heimgekehrt und hatte mit der ganzen bei ihm gewohnten Präzision und Akribie und der engagierten Begeisterung eine Höchstleistung des Orchesters, aber auch der Sänger erzielt. Hans Hartleb inszenierte ganz aus der Musik heraus, in jener Schlichtheit und ästhetisch schönen Figurenführung, die die Partitur zu verlangen scheint. Bravourös, waren die Leistungen von Margarita Kyriaki (Vitellia) und der aus Leipzig herbeigeholten Sigrid Kehl (Sextus). Sigurd Björnsson (Titus) und Silja Mellanen (Annius) ergänzten mit Gabriele Fuchs das homogene Mozart-Enisemble.

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