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mozaik

DISKURS
mozaik - © Illustration: Rainer Messerklinger

Hotel California

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FURCHE-Redakteurin Manuela Tomic ist in Sarajevo geboren und in Kärnten aufgewachsen. In ihrer Kolumne schreibt sie über Kultur, Identitäten und die Frage, was uns verbindet.

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FURCHE-Redakteurin Manuela Tomic ist in Sarajevo geboren und in Kärnten aufgewachsen. In ihrer Kolumne schreibt sie über Kultur, Identitäten und die Frage, was uns verbindet.

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Als Schülerin wippte Mutter in Sarajevo zu den Gitarrenriffs von „Hotel California“. Da sie Russisch statt Englisch büffelte, verstand sie kaum ein Wort des Songs. Im Cockta-Rausch und in Rifle-Jeans träumte sie dennoch den amerikanischen Traum. Als Kind wurde auch ich vom kalifornischen Fieber gepackt. In meiner Lieblingsserie „Full House“ flitzte eine glückliche Familie mit ihrem Cabrio über die Golden Gate Bridge und picknickte in einem Park vor einer Kulisse zuckerlbunter Häuser. Es war der paradiesischste Ort, den ich je gesehen hatte. Ich wollte unbedingt dorthin. 2016 packte ich endlich meine Koffer und besuchte meinen Freund in Berkeley. Wir saßen unter dem pfirsichfarbenen Himmel vor einem Zitronenbaum und tranken Rotwein auf der Veranda. Die Hausherrin, eine jüdische Russin, war einst dem sowjetischen Gulag entflohen – ihr Freund, ein homosexueller Serbe mit Zahnlücke, den Gräuel Slobodan Miloševićs. Als es dunkelte, stieß Orban, ein ungarischer Freund, hinzu. Er arbeitete in einem Leichenschauhaus in Budapest, ehe er vor den Kommunisten floh. Orban erzählte von seinem LSD-Trip und ich machte Kaiserschmarrn zum Nachtisch. Ich stand in der Küche und summte Mutters Lieblingslied: „You can checkout any time you like / But you can never leave!’“

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