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mozaik

DISKURS
Sarma - © Illustration: Rainer Messerklinger

Sarma

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FURCHE-Redakteurin Manuela Tomic ist in Sarajevo geboren und in Kärnten aufgewachsen. In ihrer Kolumne schreibt sie über Kultur, Identitäten und die Frage, was uns verbindet.

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FURCHE-Redakteurin Manuela Tomic ist in Sarajevo geboren und in Kärnten aufgewachsen. In ihrer Kolumne schreibt sie über Kultur, Identitäten und die Frage, was uns verbindet.

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Gestern hat Mutter leckere Sarma gekocht. Die kleinen salzigen Krautwickel dampfen auf dem Teller und locken meine Nase. Wenn ich verkühlt bin oder mich schwach fühle, schniefe ich sie mir herbei. Zu Weihnachten thront sie auf unserem Festtagstisch. Bei jedem Bosnienbesuch begrüßt sie uns in Omas Kochtopf. Sarma leitet sich von sarmak, zu Türkisch „etwas in etwas einwickeln“, ab. Meine Cousinen in Bosnien lernen schon im Kindesalter, wie man das Kraut in die Salzlake einlegt und die Sarma wohlgeformt wickelt. In Anatolien werden junge Frauen angeblich auf die Probe gestellt: Sie müssen sich vor den Augen der künftigen Schwiegereltern in der Sarmakunst beweisen. Ich hätte diese Probe nie bestanden. Mutters Kochkunst hat mich derart verhätschelt, dass ich bislang kein Krautblatt krümmen musste. Doch im Winter werde ich selbst zur Sarma und wickle mein Fleisch in zahllose Hüllen und Decken. Wenn ich nicht mehr friere, wickle ich mich weiter in Worte und versuche meine Leser und Leserinnen mit einzuwickeln. Die Sarma hat uns alle fest im Wickel.

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