Mehr Emotion, um junge Wähler zu binden

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Fällt beim kommenden Bundeskongress der grünen Partei der Startschuss für den Neuanfang oder für ein Krisenjahr?

Es darf also wieder mehr und offen diskutiert werden bei den Grünen. An Gelegenheit und Anlässen wird es nicht mangeln. Der nächste sichere Ort für hitzige Diskussionen wird der grüne Bundeskongress sein, der am 17. und 18. Jänner in Klagenfurt über die Bühne gehen wird. Eva Glawischnig wird dann auch offiziell zur Bundessprecherin und zur Nachfolgerin von Alexander Van der Bellen gewählt werden. Einige freigewordene Plätze im Bundesvorstand werden neu besetzt. Glawischnigs Führungsteam soll dann wieder vollständig sein. Offen ist noch, wer neben Maria Vassilakou ihre zweite Stellvertreterin wird. Es soll ebenfalls eine Frau werden. Ab dann sei nach intensiver Selbstanalyse der Partei wieder mehr Opponieren nach außen angesagt, wie Glawischnig im FURCHE-Interview betont (siehe rechts).

Entscheidung über EU-Linie

Offene Kritik an Glawischnigs Linie war bisher wenig zu vernehmen, der langjährige grüne Europaabgeordnete und parteiinterne Querkopf Johannes Voggenhuber war bisher der einzige, der sich mit Kritik vorwagte. Ob noch mehr folgen werden, ob Grabenkämpfe offen aufbrechen, werden die nächsten Nachwahlbetrachtungen zeigen. Am 1. März stehen Landtagswahlen in Salzburg und Kärnten an. Danach EU-, ÖH-Wahl, gefolgt von Landtagswahlen in Oberösterreich und Vorarlberg. Auch die AK hält Wahlen ab.

Doch zuvor fällt eine gewichtige Vorentscheidung über den EU-Kurs der Partei. Am Bundeskongress wird in einer Kampfabstimmung unter drei Bewerbern über den Spitzenkandidaten für die Europawahl abgestimmt. Bekommt der bisherige EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber den Vorzug oder die außenpolitische Sprecherin und Nationalratsabgeordnete Ulrike Lunacek, die sich vorgenommen hat, auf EU-kritische Bürger besser eingehen zu wollen. Ebenso mit im Rennen ist die zweite EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger. Es sei eine Wahl unter drei sehr qualifizierten Bewerbern, so Glawischnig dazu im FURCHE-Gespräch. Die Grünen seien eine "sehr proeuropäische Partei", betont Glawischnig erneut, doch es gehe um die Frage, mit welchen Inhalten man dieses Europa fülle, und wofür man kämpfe und wogegen. Darin könne man durchaus offensiver und schärfer werden.

Besonders die künftige EU-Linie führte bereits im Vorfeld zu einer Kontroverse zwischen Glawischnig und Voggenhuber, nachdem die neue Chefin in einem "Standard"-Interview den Lissabon-Vertrag für "tot" erklärt hatte. Zudem gab sie zu bedenken, dass die grüne Europapolitik als zu abgehoben wahrgenommen werde. Glawischnig ruderte in ihrer Meinung etwas zurück - mit der Begründung: Es gebe eine Chance auf Wiederbelebung, wenn Irland in einem zweiten Referendum zustimme.

Voggenhuber kündigte an, sich aus der Politik zurückzuziehen, sollte er nicht Listenerster werden. "Ich habe die EU-Politik der Grünen entwickelt und zu verantworten", sagte er.

Doch die EU-Linie wird nicht das einzige Diskussionsthema bleiben. Auch die Frage Integration und Asyl sorgt für interne Diskussion, nachdem der erste grüne Bundesrat mit Migrationshintergrund, Efgani Dönmez, im "Standard" erklärt hatte, dass Asylwerber bei rechtskräftig negativ entschiedenen Verfahren "rascher und ohne Ausnahmen" abgeschoben werden sollten. Es gehe darum, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen, zugleich dürfe man aber nicht polarisieren, präzisierte der türkischstämmige Bundesrat wenig später gegenüber der APA. Die Grünen würden keinen Millimeter von ihrer bisherigen Linie abweichen, so Dönmez. Es sollten Probleme offener angesprochen werden, sagt auch Glawischnig. Offensiver, emotionaler, zugleich einfacher in der Sprache und dennoch präzise. Eine Gratwanderung scheint vorprogrammiert.

"Rückholaktion Jugend"

Besonders bei den jungen Wählern und Wählerinnen wollen die Grünen mit der neuen Linie punkten. Es läuft das Projekt "Rückholaktion Jugend" an. Sachinhalt und Kommunikation seien sicher nicht ausreichend, es brauche "Identifikationsmöglichkeiten", meint Glawischnig im FURCHE-Gespräch auf die FPÖ-Taktik verweisend. Wie genau diese Identifikationsmöglichkeiten ausschauen würden, ist noch nicht ganz klar. Fest steht: Es soll mehr Emotion, mehr Kreativität in der Politikvermittlung geben.

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