Auf den Hund gekommen?

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Eine Replik auf Kurt Kotrschals Kritik "klischeehaft-linker" Universitätskritik (Nr. 3, Seite 15).

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Eine Replik auf Kurt Kotrschals Kritik "klischeehaft-linker" Universitätskritik (Nr. 3, Seite 15).

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Kurt Kotrschal ist zweifellos ein verhaltensbiologischer Experte für Hunde - wo aber "der Hund" heutiger Universitätsentwicklung "begraben liegt", dazu scheint es noch erheblichen Forschungsbedarf zu geben. Im Ernst: Natürlich soll es unterschiedliche Ansichten über die Umstände damals und heute an unseren Unis geben, und es ist wohl auch fachabhängig, wo die "Diktatur der Ordinarien", deren Eliminierung Kotrschal feiert, wirklich beseitigt wurde.

Aber der Autor (übrigens gleich alt wie ich) scheint nach eigenen Worten eine gewisse Traumatisierung durch die sozialdemokratische Universitätspolitik der 1970er-Jahre erlitten zu haben (vielleicht auch wegen seiner Nähe zu dem politisch umstrittenen Konrad Lorenz?). Seine gegen die frühere Ministerin Firnberg gerichtete Rede von einer "Diktatur der Gremien" vergisst, dass mit der Abschaffung der meisten Gremien auch die Mitbestimmung sowohl Studierender als auch Lehrender abgeschafft wurde. Kann das einer Einrichtung gut tun, die den wissenschaftlichen Nachwuchs, die intellektuelle Führungselite der Gesellschaft heranbildet? Im Einzelnen widerspreche ich deshalb energisch in drei nicht unwesentlichen Punkten:

Erstens ist eine Kritik heutiger Universitäten nicht "klischeehaft-links", wenn sie deren weitgehende Ökonomisierung angreift. Ich sehe im Gegenteil viel zu viele einstige "Linke", die den ganzen neoliberalen Firlefanz, den Kotrschal teilweise zugesteht, mitmachen. Meine Kritik wird eher von kritischen wertkonservativen Kollegen und Kolleginnen geteilt, deren Unbehagen sich gerade auf die Entdemokratisierung, die geldorientierte Hetze und die Leistungsvermessung an Universitäten richtet.

Zweitens verallgemeinert Kotrschal eine "Diktatur der Gremien" wegen eigener schlechter Erfahrungen, verharmlost aber damit das Problem der heutigen monokratischen Entscheidungsträger vom Rektor bis zum Studiendekan. Ich wäre -ob Student, Assistent oder Professor (denen im Neoliberalismus ja oft nicht einmal mehr ausreichend Sachautorität zugestanden wird) - dagegen froh, hätten wir anstatt der nur mehr wenigen, lediglich "beratenden" Gremien noch mehr Mitbestimmungsorgane. Die monokratischen Führungsorgane können im Ernstfall tun, was sie wollen. Mehr Mitbestimmung aber würde auch die Studierenden wieder aktivieren, denn wem signalisiert wird, dass er oder sie nichts mitzureden hat, von dem oder der ist nicht viel anderes als individuelles Durchwurschteln zu erwarten.

Drittens haben Drittmittel an einer Top-Uni wie Harvard - das ist nicht meine "schrullige" Meinung, sondern beruht auf Tatsachenberichten - natürlich auch ihre Bedeutung, aber nicht eine götzenhaft angebetete wie bei uns. Deren Erwerb ist zudem anders organisiert, besonders das Antragswesen, und die Forscher werden nicht fast ausschließlich am Rennen um Drittmittel ("Trittmittel"?) gemessen. Dies entlastet und gibt Freiraum für Diskurs, Nachdenken und wirkliche Qualität. Bei uns hingegen mutieren Professoren und Professorinnen häufig zu Drittmittelsklaven und zu Projektmanagern, die für eigene Forschung und für die Betreuung Studierender kaum mehr Zeit finden.

Wo immer "der Hund begraben liegt" - wichtig ist, dass darüber wieder diskutiert wird.

Josef Christian Aigner ist Professor an der Universität Innsbruck

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