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Eine Regierungskrise

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Der Chef der SDECE wurde in Pension geschickt; der zögernde Abteilungsleiter Finville, der seine Vorgesetzten ungenügend informiert hatte, dachte mit den beiden Polizeioffizieren, dem Agenten Lopez und dem Journalisten Bernier in einer Zelle des Santė-Gefangnisses darüber nach, wie es doch gefährlich sei, den Großen dieser Welt alles recht zu machen. Die französische Opposition benützte diese trübe Angelegenheit, um eine Regierungskrise hervorzurufen. Der Kopf des Innenministers Frey, der durch ungeschicktes Taktieren die Regierung in Verlegenheit gebracht hatte, wurde verlangt; de Gaulle bestätigte Frey in seinen Funktionen, und ohne Rücksicht auf innen- oder außenpolitische Erwägungen wurde der Prozeß vorbereitet. Der Staatschef als absoluter Verteidiger der Souveränität und des Rechtsstaates bestätigte, daß jedes Leben zu schützen sei, wenn auch schwere Spannungen damit verbunden seien. Es gereicht Frankreich zur Ehre, daß trotz gewichtiger Erwägungen der Staatsräson sogar die Aufgaben der französischen Interessen in Marokko einkalkuliert wurden, um Klarheit in dieser politischen Affäre zu schaffen. Das Überschneiden staat licher Erwägungen mit zweifelhaften Polizeipraktiken, die unverständliche Zusammenarbeit von honorigen Polizisten mit Verbrechern aller Art zeigt jedoch, daß die Kolonialkriege Elemente an die Oberfläche geschwemmt haben, die früher nur im dunkeln handelten.

Nur eine kleine Summe!

Frankreich muß jedoch durch diesen Prozeß auch eine außenpolitische Wahl treffen. Die dritte nordafrikanische Welt ist durch zwei große Bewegungen gekennzeichnet. Die eine, revolutionäre, verkörpert Nasser, die andere stellen die konservativen Könige Hassan II. sowie die Herrscher von Jordanien und Saudi-Arabien dar. Frankreich muß mit dem Verlust der Freundschaft dieser konservativen Mächte rechnen. Bezeichnend war es, daß Hussein von Jordanien einige Tage /vor Beginn des Prozesses persönlich bei de Gaulle intervenierte. Das Gericht hat inzwischen die Anklage gegen Oufkir und Genossen abgetrennt, und Lopez, Finville usw. sind eher Komparsen, die aus schlecht verstandenem Pflichtgefühl, Geldgier oder Schlamperei die Vorbereitung dieses Coups ermöglichten. Im übrigen verhielten sich die Marokkaner gegenüber ihrer Hilfstruppe sehr geizig. Nur eine kleine Summe wurde ausbezahlt...

Minister Oufkir hütet weiter die Stabilität des Thrones. Der Abenteurer Figeon ist tot; Ben Barkas Leichnam bleibt verschwunden. Die Angeklagten werden mehr oder weniger hohe Kerkerstrafen erhalten. Andere politische Ereignisse drängen in den Vordergrund; die nordafrikanische „dritte Welt“ ist weiterhin in Bewegung, obwohl einer ihrer fähigsten Führer zum Schweigen gebracht wurde.

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