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Aus der Sammlung Wittgenstein

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Frau Hilde Wittgenstein-Köchert zeigt im Gemeindeamt von Altmünster einen Teil ihrer voikskundlichen Sammlung, die bisher der Öffentlichkeit gänzlich unbekannt geblieben ist. Die Besitzerin hat erlesenste Werke heimatlichen Kunstgewerbes im Laufe eines arbeitserfüllten Lebens mit dem Feingefühl der künstlerisch Schaffenden gesammelt; von jhrer Hand liebevoll geordnet, geben sie in' ihrer Gesamtheit ein durch ihre Qualität begeisterndes Bild von Können und Schaffen, von Lebensführung und Wohnkultur unserer bürgerlichen und bäuerlichen Vorfahren; denn all die kostbaren Kleinwerke aus alter Zeit, die gezeigt werden, gehören dem engsten Bereich der Traunseelandschaft an.

Die reiche Schau empfängt ihren wesentlichen Reiz von der intimen, durchaus unmusealen Anordnung der Einzelstücke, die sich wie von selbst an der Wand und in Vitrinen, auf Borden und Tischen zu fesselnden Bildern verklungenen Lebens und alle Zeit gültigen hohen Geschmacks vereinigt haben. Deutlich lassen sich drei wesentliche

Teilgebiete erkennen, auf denen das Kunstgewerbe in Vorväterzeiten im Salzkammergut sein Bestes geleistet hat: die Alt-Gmundner Keramik, die Spielwaren- und Spanschachtelerzeugung in der Viechtau und die behäbige, grundsolide Kultur der Bürger Alt-Gmundens und jener Täler ringsum, in denen die Sensenwerke pochten und reiche Ge-werkenfamilien sich an edlem Hausrat freuten.

Allein an Gmundner Keramik des späten 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts dürfte der hier nur zum kleinsten Teil gezeigte Bestand der Sammlung Wittgenstein der reichste, jedenfalls der an künstlerisdien Werten bedeutendste sein. Ebenso reich wie die zweckgebundenen Formen der Krüge und Schüsseln, Godenschalen und Teller ist der farbige Reiz ihrer heiteren Bemalung — ein Scherzen und Jubeln in Farben und munteren Reimen, landschaftlichen und figuralen Darstellungen sakraler und profaner Art. Unvergeßlich prägen sich edle Farben, wie die der „Leber-“krüge“ oder das zarte Grün der Landschaftshintergründe, ein.

Was die Viechtauer Spanschachteln, ge-drediselte Büchsen und Spielsachen auszeichnet, ist gleichermaßen, aber noch stärker, ins Bäuerliche gewendet, das volle Spiel des volkstümlichen Formtriebes. Immer wieder verblüfft das, was man aus Fichtenholzspänen und leuchtenden Kaseinfarben an bunter Schönheit geschaffen hat — als Behälter für Gegenstände des täglichen Gebrauch, als Hausrat gerade der Armen.

Herrlich ist endlich das, wa die Ausstellung Wittgenstein an edelster altbürgerlicher Wohnkultur zeigt. Aus der langst erloschenen Sensenschmiedefamilie Hiertzenberger (Alm-tal) deren ehrenfeste Gestalten ausgezeichnete Gemälde wiedergeben, stammt zum Beispiel eines der Glanzstüdce der Ausstellung, ein prachtvoll bemalter und mit zeitgnössi-schen Kupferstichen geschmückter Rokoko-kwten, ferner feine altväterliche Handarbeiten und der köstliche Frauenschmudc, der sich auf einem dieser Ahnenbilder dargestellt findet.

Immer wieder fesselt nicht die handwerkliche Meisterschaft allein, sondern darüber hinaus der sichere Geschmack, der Formen bestimmt und Farben wählt, eine Sphäre des menschlich Warmen, lieb Vertrauten schafft und Beispiele jener aus innerster Gesittung und ehrbarer Zucht erwachsenen Kultur entschwundener Zeiten aufbaut, die unsere Generation so gründlich verloren hat.

Als Dokument dieser Kulturhöhe, als Beispiel für zeitgenössisches Schaffen steht die Sammlung Wittgenstein einzig da. Wir wollen in diesen Spiegel der eigenen Vergangenheit schauen und daraus zu lernen trachten. E wäre kulturelle Pflicht, diese Sammlung öffentlich zugänglich der Heimat zu erhalten.

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