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Kreatives Marienfest

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Ein Dorf feierte ein ganz und gar unübliches Marienfest, kreativ und von hohem künstlerischen Niveau. Nahe dem Stift St. Lambrecht liegt auf einem freien Hügel die gotische Wallfahrtskirche Mariahof. Links vom barocken Hochaltar hängt ein Ölbild von einem Rosenwunder. Dort soll der Überlieferung nach Herzogin Reatrix von Kärnten mit ihrem Kind begraben liegen. Sie war die Schwester Herzog Heinrichs, führte ein gottgefälliges Leben in frei gewählter Armut, sehr zum Mißfallen ihres Rruders. Er stellte sie zur Rede, als sie Rrot an die Armen verteilen wollte, fand aber in ihrem Korb nur Rosen.

Dieses Rild war Ausgangspunkt für das „Mariafest", an dem buchstäblich

alle Rewohner der Gemeinde teilnahmen. Die Kinder hatten den Weg zur Kirche geschmückt, die Theatergruppe der Landjugend spielte Shakespeare-Szenen, ein Pantomime unterhielt, Musik erfreute. Der Höhepunkt war die Uraufführung der Komposition „Epitaphium beatricis" von Christian Muthspiel nach einem Text von Rernd Hagg, ausgeführt von Christian und Wolfgang Muthspiel (Posaune, Klavier, Gitarre, E-Violine) und Angelika Kirchschlager (Mezzosopran). Das Werk ist modern im besten Sinn, spannend und hörbar. Eine Installation mit Feuerzeichen auf dem nachtdunklen Kirchberg beschloß den ersten Tag, dem am nächsten eine Festmesse und ein Kirchenkonzert folgten. Die Initiatoren Anja und Rernd Stejskal möchten das als einmalig geplante Ereignis nächstes Jahr wiederholen.

Antwort auf Abstraktion

Mit einer Auswahl der letzten 30 Jahre seines Schaffens gastiert einer der bedeutendsten Vertreter der europäischen Pop Art im Museum Moderner Kunst im Palais Liechtenstein: Errö (alias Gudmundur Gudmundson), gebürtiger Isländer und Wahl-Pariser.

Als Antwort auf die international dominierende und inzwischen monoton gewordene Abstraktion entwickelte sich Ende der fünfziger Jahre in Europa, vor allem in Frankreich, eine figürliche Kunst mit reichem Erzählgehalt, zu der auch Erros Arbeiten zählen.

Errö malt „second hand"-Rilder, indem er zitathaft Reproduktionen von politischen Propagandaplakaten, Comic-Strips oder Offset-Wiedergaben von Meisterwerken der Malerei zu großformatigen Collagen zusammenfügt. Errös comic-artige Historienbilder sind einerseits kritische Kommentare zu konkreten politischen Ereignissen und ideologischen Rewegungen, andererseits ermöglicht ihm die Malerei, auf die manipulati-ve Macht der sich verselbständigenden medialen Bilderwelt hinzuweisen.

Mit Sarkasmus und tiefem Verständnis entglorifiziert er die Geschichte der Menschheit: Mit „nordischer Unverfrorenheit" kombiniert er Erotik- mit Gewaltszenen, Alte Meister mit Astronauten, läßt Mao Tse-Tung über die Piazza San Marco spazieren oder Vietkong-Kämpfer in amerikanische Wohnzimmer eindringen.

Erros ironisch überzeichnete Supermen und Femmes fatales repräsentieren eine apokalyptische Endzeitstimmung der postmodernen Industriegesellschaft. Diese nur scheinbar schöne neue Welt verrät sich selbst durch ihre eigenen leeren Klischees.

Palais Liechtenstein, Fürstengasse 1, Wien IX, Di-So 10-18 Uhr (Bis 8. September)

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