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Die ersten Autobahnen Europas
Die drei Grundprobleme sind, weil geographisch bedingt, nicht von heute und haben schon den antiken Römern zu schaffen gemacht. Aber wir wissen, daß sie ihr Weltreich mit ihren mit Recht noch heute vielbewunderten Straßen erobert haben. Von Mesopotamien bis Britannien hatten sie die gleiche Breite und die Wagen und Karren die gleiche Spurbreite. Im traditionsfreudigen Britannien ist man dieser immer treu geblieben, und als Ste-phenson seine erste Lokomotive baute, hatte auch sie dieselbe Spur. Mit Ausnahme Rußlands ist sie überall Norm geworden. Würde man eine Lokomotive in eine Straße von Pompeji stellen (ein surrealistisches Bild!), ihre Räder würden genau in die Rillen passen, die römische Kar-
ren in Jahrhunderten in das Basaltpflaster gegraben haben. Die Ambitionen des faschistischen Imperiums erstreckten sich auch auf den Straßenbau, und Italien wurde das erste Land, das Autobahnen baute, von Turin über Mailand nach Brescia, von Pisa nach Florenz, von Padua nach Venedig. Wenn Autobahnen mit unbeweglichen Maschinen verglichen worden sind, dann muten jene der faschistischen Zeit heute an wie ein Daimler 1910, verglichen mit der „Autostrada del Sole“, die somit ein Rennwagen 1964 wäre.
Ein Rutscher Aber den Stiefel
Im Jahre 1963 hat die Zahl der neu zugelassenen Motorfahrzeuge in Italien um 44 v. H. zugenommen. An der Schwelle des Wohlstands
angelangt, haben sich die Italiener zunächst mit leuchtenden Augen auf die Motorisierung geworfen und damit nicht wenig dazu beigetragen, die Zahlungsbilanz in Unordnung zu bringen. Die jüngsten Austerity-Maßnahmen der Regierung betreffen vor allem diesen Sektor, und das Straßenbauprogramm muß sich einige Schnitte gefallen lassen. Bei der Aufzählung der Projekte wird man sich vorsichtshalber auf jene beschränken, deren Ausführung gesichert ist. Aber die Aufschließung der bisher vom Verkehr abgelegten Regionen des Südens muß fortgesetzt werden.
Denn was bedeutet eine Autobahn? Möglichkeiten in Hülle und Fülle für die private und öffentliche Initiative, die Verteilung des Nationalvermögens in einheitlicherer Weise. Der Norden lockt zur Auswanderung, der Süden winkt neue Industrien herbei, und mit ihnen ziehen der Fortschritt und die Zivilisation ein. Zählt man noch, jetzt touristisch betrachtet, die merkwürdige Lust
der Italiener hinzu, immer lieber anderswo zu sein, als wo sie sich eben befinden, dann werden die Römer das Abendessen in einem Ristorante von Santa Lucia in Neapel einnehmen, und die Neapolitaner das Huhn in Florenz essen wollen. In fünf Jahren wird die „Autostrada del Sole“ in ihrer ganzen Ausdehnung bis Reggio Calabria vollendet sein, hat der Minister für Öffentliche Arbeiten, Pieroccini, bekräftigt. Man wird dann den ganzen italienischen Stiefel bis zu seiner Spitze auf einer Straße hinunterrutschen können, und man wird nicht mehr zu lästerlichen Flüchen und der Versicherung verleitet: „Nie wieder!“ Wer heute mit seinem Wagen nach Sizilien fährt, gelobt, es nicht wieder zu tun. Die „Sonnenstraße“ wird das südwestliche Kampanien und die Regionen Molise, Apulien, Kalabrien wie mit einem Zauberstab zu einem neuen Leben erwecken und Sizilien dem Autotourismus öffnen, bevor noch die römischen und neapolitanischen Hotelwirte den ausländischen Gästen ihr Geld abgenommen haben. In Sizilien selbst ist der Bau der Autobahn Catania— Messina und jener Palermo—Catania gesichert. Damit beginnt eine neue Phase des Autotourismus.
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