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Digital In Arbeit

Medien-Nebel lichten sich

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Gegen das feige, kurzsichtige Irreführen der Öffentlichkeit bezüglich der Chancen, Sparbuch-Anonymität und Neutralität auf Dauer über EU-Hürden hinwegretten zu können, wettern alle Journalisten. Mit gutem Grund. Um so mehr sollte man von ihnen erwarten dürfen, daß sie auch in eigener Sache aufs Nebelbomben-Werfen verzichten können. Leider ein Irrtum.

Hubertus Czernin wurde von den Eigentümern des „profil" als Herausgeber und Chefredakteur gekündigt. Erlaubt? Erlaubt! Begründung? „Weil er mit einer geschmacklosen Fotomontage den Bundeskanzler beleidigt hat", behaupten Leute, die es besser wissen müßten, in missionarischem Eifer und blasen zum Widerstand gegen den Angriff auf die „innere Pressefreiheit".

Wahr? Nein. Legende. Denn schon vor Erscheinen des nackten Titel-Vrantz waren die Eigentümer mit dem vorgesehenen Czernin-Nachfolger Lingens im wesentlichen handelseins. Der Cover-Skandal war willkommener Anlaß, niemals Ursache. Wenn die Kassa stimmt, schlukken Magazin-Eigentümer auch eine Queen im Dampfbad oder einen Papst in Unterhosen. Aber die Kassa stimmt bei „profil" und „trend" nicht mehr. Jetzt so zu tun, als hinge die Zukunft der Pressefreiheit in Österreich von der Aufrechterhaltung einer Doppelfunktion von Herausgeber und Chefredakteur beim „profil" ab, ist eine weitere Irreführung. Daß eine Redaktion dies wünscht, die bei der Bestellung eines Chefredakteurs ein verbrieftes Mitspracherecht hat, beim Herausgeber aber nicht, ist verständlich. Im Sinne medienethischer Gewaltenteilung ist aber viel eher die Trennung begründbar. Die Zusammenlegung war Ergebnis unverhohlener Machtpolitik früherer Chefredakteure.

Einer von ihnen heißt Peter Michael Lingens, ist ein brillanter Journalist und würde dem Land sehr fehlen, wenn es bei seinem Abschied aus dem Journalismus bliebe. Er ging als „Standard"-Kolumnist, weil er - wie die meisten glauben, durch eine beklagenswerte Ungeschicklichkeit - in eine Kriminalaffäre geraten ist. Hat er zartfüh-lig seinen Zweieinhalb-Millionen-Kolumnistenvertrag mit dem „Standard" nur wegeri eines patscherten Telefonats gelöst - oder war die ums Überleben kämpfende Zeitung (die uns mehr fehlen würde als jeder Einzelstar) froh, den teuren Vertrag abzuschütteln?

Die Mediaprint, das Konglomerat von „Krone", „Kurier" und „Westdeutscher Allgemeiner", dominiert den österreichischen Druckmedienmarkt nicht durch politische, sondern durch kommerzielle Vorgaben. Wer aus einer Spitzenposition fliegt (und das ist die eigentliche Tragödie ä la Czernin), hat in Österreich kaum noch Aussicht auf einen angemessenen Posten. Wenn sich die Journalistengewerkschaft dazu entschließt, das angepeilte Volksbegehren zur Schaffung marktgerechter Verhältnisse mit wirklichkeitsgetreuen, ehrlichen Argumenten zu bestreiten, könnte das klärend wirken und endlich auch die Politiker zu mehr Mumm ermuntern.

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