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Nach Zweig

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Es ist an sich schon nicht leicht, literarische Werke zu verfilmen. Vor allem deshalb, weil sich dabei immer wieder eine deutlich spürbare Dis«- krepanz zwischen eigener Vorstellung, Absicht des Autors und der Interpretation durch Regisseur und Drehbuchautor ergeben wird. Dieser Zwiespalt wird bei der von Dominique Delouche, einem 37jährigen Pariser, inszenierten Verfilmung von Stefan Zweigs Novelle „24 Stunden aus dem Leben einer Frau“ besonders deutlich sichtbar. Es ging ja hier nicht nur darum, den Inhalt, sondern auch den literarischen Stil der Novelle ins Filmische zu übertragen. — Delouche hat sich dieser heiklen Aufgabe mit Anstand entledigt. Es ist ein sehr getragener Film geworden, ein Film, der Lyrisches ausstrahlt oder es zumindest versucht, dabei aber ein mit allen Mitteln moderner Filmkunst gestalteter Streifen. Sicher hat dieser Film auch einige Schwächen: er ist zu melodramatisch, zu larmoyant, zu lange geraten — wer aber bereit ist, Delouches Auffassung von Stefan Zweig zu akzeptieren, wind auch diesen Film gutheißen können. Großartig die Kamera von Walter Wot- titz, der in lyrischen Einstellungen geradezu schwelgte, ohne dabei jedoch auszuarten. — Danielle Dar- rieux ist für die Rolle der alternden Frau die Idealbesetzung, Robert Hoffmann gibt hier eine der stärksten Leistungen seiner bisherigen Karriere.

Eine Reprise, die einen immer wieder freut und einem immer wieder etwas Neues gibt, ist die des Klassikers unter den Western — „12 Uhr mittags“. Über diesen Film, nach dem der Begriff „Edelwestern“ überhaupt erst geprägt wurde, ist schon so viel geschrieben worden, daß es schwerfällt, dem überhaupt noch etwas Neues hinzuzufügen: Der Film läuft in strikter Einhaltung der klassischen Einheit von Zeit, Ort und Handlung ab, die Zeit des Wartens auf die Gangster — von 11 bis 12 Uhr — dauert auch im Film genau eine Stunde. Diese eine Stunde, in der der Sheriff Kane von allen allein gelassen, durch den Ort Hadleyville irrt, bis ihn schließlich das Eintreffen der Killer zu einer Entscheidung zwingt, hat Filmgeschichte gemacht. Der Streifen bedient sich dabei durchwegs der herkömmlichen Elemente des Wildwestfilms: in der Auswahl der Örtlichkeiten, in der Typenzeichnung und In der Problematik. Zum Filmkunstwerk wurde er durch eine besonders seltene Akkumulierung von darstellerischen, regielichen und photographischen Höhepunkten, zu denen noch der hervorragende Schnitt und die einmalige Filmmusik Dimitri Tiomkins kommen. Ungemein wuchtig, die leitmotivartige Wiederkehr des Hauptmotivs, die langen Kameraeinstellungen, die die Verlassenheit des Helden auch optisch symbolisieren und, über jedes Lob erhaben, die Darstellung des Sheriffs durch den unvergeßlichen Gary Cooper.

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