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Blick in die Tiefe

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Europas modernstes archäologisches Zentrum wurde jetzt um mehr als 30 Millionen Schilling in der ehemaligen Wiener Wirtschaftsuniversität beim Währin- ger Park installiert. In ihm haben nicht nur die früher unter Raumnot leidenden Universitätsinstitute für Klassische Archäologie und Ur- und Frühgeschichte ein gemeinsames Domizil gefunden, sondern auch das nichtuniversitäre österreichische Archäologische Institut. Dort befinden sich mit Ausnahme eines Labors für Radiokarbontests all jene technischen Einrichtungen, ohne die die moderne archäologische Forschung nicht mehr auskommt. Das bedeutet, daß eine Reihe chemischer und physikalischer Untersuchungen, die bislang entweder im Ausland durchgeführt • oder überhaupt unterlassen wurden, jetzt billiger vorgenommen werden können.

„Wir haben uns um das Dreifache vergrößert“, sagt Institutsvorstand Herwig Friesinger, der mit seinen Studenten schon im April 1988 in die Franz Klein-Gasse eingezogen ist, während das Archäologische Institut erst im Jänner 1989 die Übersiedlung vollzogen hat.

Vergrößert hat sich auch die seit 1965 existierende Prospektionsabteilung, die der Vorbereitung von Grabungen dient. Sie umfaßt Un terabteilungen für die auf einem Kooperationsvertrag zwischen Wissenschafts- und Verteidigungsministerium und einem Abkommen mit dem Aero-Club basierende Luftbildarchäologie sowie für die geomagnetische und geoelektrische Forschung. Man setzt sie dort ein, wo die Hinterlassenschaft unserer Vorfahren nicht aus dem Boden ragt, die Suche mit dem Spaten also allzu zeit- und somit auch kostenaufwendig wäre. Herangezogen wird die Luftbildarchäologie zur Ortung von Wällen, Gräben, Trassen und Häuserresten, weil diese bei Flügen in starkem Schräglicht bei niedrig stehender Sonne am frühen Morgen oder späten Nachmittag auswertbare Schattenreliefs liefern und sich im Luftbild als Bodenverfärbung abzeichnen. Die geophysikalischen Techniken - bei der Suche nach öl und Mineralien schon längst im Einsatz — praktiziert man zur Aufspürung von Gegenständen aus Metall und gebranntem Ton wie bei neolithi- schen Gräberfeldern, Feuerstellen oder Brennöfen sowie bei selbst aus der Luft nicht sichtbaren unterirdischen Siedlungen. In Zusammenarbeit mit Peter Meli- char vom Zentralinstitut für Meteorologie und Geodynamik werden unter Einsatz eines Protonmagnetometers und Auswertgerätes sämtliche Daten errechnet und graphisch dargestellt. Selbstverständlich können alle Informationen jederzeit über Computer abgefragt werden.

Eine Installation größter Bedeutung stellt das aus Mitteln des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und des Wissenschaftsministeriums eingerichtete Baumring-Laboratorium dar. Durch Auszählung und Vergleich von Jahresringen an Bäumen macht diese biologische, in der Fachsprache Dendrochronologie bezeichnete Methode präzise Zeitangaben über das Fundmaterial möglich.

Unerläßlich für die Erforschung der Umwelt des Menschen längst vergangener Tage sind die neuen Laboratorien für Bodenkunde (in Zusammenarbeit mit dem Geographischen Institut der Wiener Universität unter Leitung von Spyridon Verginis), für Ar- chäobotanik (in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Institut der Wiener Universität und der Geologischen Bundesanstalt) und für Paläonthologie und Paläozoolo- gie, wo beispielsweise Pollenanalysen durchgeführt werden, mit deren Hilfe man das Verhältnis von Bäumen, Büschen und Gräsern zueinander rekonstruieren kann und erfährt, wie sich die Pflanzenwelt entwickelt hat.

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