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Die Abtreib-Ges. m. b. H.

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Daß der Schwangerschaftsabbruch weder eine gesellschaftlich wünschenswerte noch eiine medizinisch empfehlenswerte Methode der Geburtenregelung sein soll, ist ein papierenes Bekenntnis des Gesetzgebers, der mit knapper sozialistischer Mehrheit die Fristenlösung beschlossen hat.

Tatsache ist, daß den für heuer zu erwartenden 87.000 Geburten rund 120.000 Abtreibungen gegenüberstehen dürften. Im Schnitt läuft damit im sogenannten „Jahr des Kindes” täglich für etwa 330 ungeborene Kinder die Frist ab: die Frist, doch leben zu können.

Tatsache ist zudem, daß die Verbilligung der Abtreibung, die als „soziales” Argument für die Fristenlösung ins Treffen geführt wurde, zur billigen Grundlage für ein profitreiches Geschäft degeneriert ist.

Fliegende Abtreibungsteams, die auf „konsultativer Basis” in Ordinationsräumen anderer Ärzte Schwan- gerschaftsabbrüche vornehmen, konkurrieren mit niedergelassenen Fristenlösern - und um dje gesundheitsbehördliche Bewilligung zur Errichtung privater „Krankenanstalten” hat ein Wettlauf eingesetzt. Den Wiener Gesundheitsbehörden liegen derzeit zwei einschlägige Ansuchen um Bewilligung vor.

Eines davon, im April 1979 eingereicht, stammt von der „Gesellschaft für Schwangerenhilfe Ges. m. b. H.”, die in der Wiener Innenstadt, im Haus Fleischmarkt 26, unter der Bezeichnung „Ambulatorium für Schwangerenhilfe” eine private Krankenanstalt errichten will.

Wer freilich am Fleischmarkt 26 heute nach der „Gesellschaft für Schwangerenhilfe Ges. m. b. H.” sucht, wird vorerst enttäuscht. Kein Schüd vor oder im Haus weist auf das - dem Namen nach - so hilfswillige Unternehmen hin. Dafür findet sich dort auf Tür 14 die Praxis der Gynäkologin Silvia Schneider. Und auf Tür 6 soll sich - so der Hinweis am Hauseingahg - die „Ordinationsleasing-Gesellschaft m. b. H.” befinden. Was auch zutrifft. Nur stößt man gleichzeitig auch auf das Schüd „Dr. med. S. Schneider”.

Süvia Schneider, Anstaltsärztin an der Wiener Semmelweis-Frauen-Kli- nik, deren Vorstand Alfred Rockenschaub zu den eifrigsten Verfechtern und Wegbereitern der Fristenlösung zählt, ordiniert und kassiert bekanntlich jetzt schon ebenso einschlägig wie schnell.

Daß ihr das geplante „Ambulatorium für Schwangerenhüfe” ins Geschäft pfuschen könnte, braucht sie nicht zu fürchten. Denn der, der als Insider die Beschreibung des genauen Anstaltszweckes für das Ansuchen der Behörde vorgelegt hat, heißt: Alfred Rockenschaub.

„Zweck der Errichtung eines Ambulatoriums für Schwangerenhüfe ist also die Schaffung eines Modells einer Einrichtung, mit deren Hilfe dem Gesetz auch hinsichtlich der sogenannten Fristenregelung… Genüge getan werden kann”, kommt Rockenschaub in der Beschreibung denn auch zum Eigentlichen, nach dem zuvor natürlich auch auf die Schwerpunkte Familienplanung und Beratung über Verhütungsmittel verwiesen,wird.

Und zusammenfassend merkt das SPÖ-Mitglied Rockenschaub zur Zweckmäßigkeit des Ambulatoriums an erster SteUe nochmals gesondert an: „Die Tätigkeit bezieht sich klar und eindeutig auf die Probleme der Geburtenregelung und Familienplanung, sowohl im reproduktiven als auch im restriktiven Sinne.” Restriktive Familienplanung - eine vornehme Umschreibung.

Die „Gesellschaft für Schwangerenhüfe Ges. m. b. H.”, die also solches verfolgt, wurde im Juli 1978 aus der Taufe gehoben. Als Geseüschaf- ter firmierten bei der Gründung der in Wien-Hietzing ansässige Manager Douglas F. Moore und der Anwalt Heinz Barazon aus Wien-Landstraße,

Moore ist - da schon einmal Manager - von Anbeginn an auch Geschäftsführer der Gesellschaft, die sich den „Betrieb von Ambulatorien für Schwangerenhüfe im Sinne des Wiener Krankenanstaltengesetzes” zum Unternehmszweck erkoren hat.

Diese Gründung war kein Strohfeuer. Denn alsbald fanden sich auch Mann und Frau, die zwecks „Leasing von Ordinationseinrichtungen und medizinischen Apparaturen sowie von eingerichteten Ordinationen und Kliniken an Ärzte” die „Ordinationsleasing-Gesellschaft m. b. H.” ins Leben riefen. Das war im Dezember 1978.

Gesellschafter dieser Firma am Wiener Fleischmarkt, deren Domizil mit dem Schneider-Türschüd verziert ist, sind Anwalt Heinz Barazon und seine Anwaltskoüegin Brigitte Birnbaum, die sich auch die Wiener Adresse in der Beatrixgasse 3 teüen. Und Geschäftsführer ist - wie’s der Zufaū wül - just wieder Douglas F. Moore, Manager.

Weü die erstgegründete Geseü- schaft braucht, was die zweite anzubieten hat, gab es im heurigen April bei der Hüfe-GeseUschaft eine logische Änderung: Moore legte, vertreten durch Barazon, eine neue Gesellschafterliste vor, in der neben dem Anwalt die „Ordinationsleasing-Ge- sellschaft m. b. H.” als Geseüschafte- rin aufscheint.

Alles ist also klar - so klar, wie es das Ges. m. b. H.-Gesetz verlangt. Und das genügt. Man wartet nur mehr auf die Bewilligung, dann kann das große Geschäft für die handelsrechtliche Gesellschaft mit medizinischem Hintergrund beginnen. Wobei jedes handelsrechtliche Unternehmen natürlich ein kommerzielles Ziel hat: Gewinn.

Wie wird die Behörde, wie wird die Wiener Landesregierung entscheiden? Woher kennen die überhaupt den Bedarf, wenn es keine Statistiken, sondern nur Dunkelziffern gibt? Das sind Fragen, die die FURCHE in der nächsten Woche beleuchten wird.

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