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Frühpension

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Wahrend in der Schweiz aus guten Gründen das Pen-sionssalter für Frauen auf das der Männer (nämlich von 62 auf 65 Jahre) angehoben wird, will man hierzulande auch im Jahre 1986 die Beschäftigungsprobleme der VOEST mit einer Herabsetzung des Pensionsalters auf 52 bzw. 55 Jahre lösen.

Geht's der Pensionsversicherungsanstalt denn besser als der VOEST? Wird das Defizit der Pensionsversicherung von einem reichen Onkel aus Amerika, und nicht wie jenes der VOEST aus unser aller Steuergeld abgedeckt? Oder hofft man bloß, daß die paar Milliarden im noch größeren Defizit der Pensionsversicherung leichter untergehen?

Abgesehen aber einmal von der rein ökonomischen Seite: Ist es wirklich menschlicher, einen gut ausgebilde-■ ten, leistungsbereiten 55jährigen ins Ausgedinge zu schicken (und ihn damit zum Pfuschen zu animieren), als einen jungen Mann, der am Beginn seines Berufslebens steht, noch um etwas Geduld zu bitten?

Die laufende Senkung des Pensionsalters bei steigender Lebenserwartung ist, darüber sind sich die Experten ausnahmsweise einmal einig, einer jener entscheidenden Konstruktionsfehler, denen unser Pensionsversiche-rungssystem seine Finanzkrise verdankt. Die Praxis der Kreisky-Ära, Beschäftigungsprobleme in der Verstaatlichten mit Frühpensionierungen zu lösen, hat zwar auf dem Papier die Arbeitslosenrate gesenkt, Österreich aber zum Land mit den meisten Frühpensionisten gemacht und die Finanzprobleme der Pensionsversicherung logischerweise noch verschärft.

Nach dem Abgang Krei-skys hatte ich eigentlich das Gefühl, das Wunschdenken hätte endlich dem Sinn für die Realitäten Platz gemacht: Bei weiter steigenden Lebenserwartungen von Frauen und Männern ist die Heraufsetzung des Pensionsalters die einzige Alternative zu einer kräftigen Kürzung der Pensionen oder einer Anhebung der Beiträge der Aktiven in konfiskatori-sche Höhen. Erst vor kurzem hatte selbst Sozialminister Alfred Dallinger in diese Richtung argumentiert.

All das soll kein Vorwurf an jene Arbeitnehmer sein, deren Frühpensionierung zur Diskussion steht. Die wenigsten werden den frühen Ruhestand als angenehm, die meisten werden ihn als Härte empfinden. Weil die Frühpension eine merkliche Kürzung des Haushaltseinkommens bringt. Werden aber die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, deren A Iternative bei Kündigung nicht Frühpension, sondern Arbeitslosigkeit heißt, auch verstehen, daß die trotz allem angenehmere Alternative wieder einmal nur für die Verstaatlichte gilt?

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