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Vermittler aus Bonn

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Die Erklärung des Bundeskanzlers Willy Brandt, daß Deutschland in der Zukunft bereit sei, aktiv an der Lösung des Nahostkonfliktes teilzunehmen, wurde zwar im Rahmen eines Interviews der ägyptischen Nachrichtenagentur abgegeben, doch erweckte sie gerade in Israel besonderes Interesse.

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Die Erklärung des Bundeskanzlers Willy Brandt, daß Deutschland in der Zukunft bereit sei, aktiv an der Lösung des Nahostkonfliktes teilzunehmen, wurde zwar im Rahmen eines Interviews der ägyptischen Nachrichtenagentur abgegeben, doch erweckte sie gerade in Israel besonderes Interesse.

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Viele meinen, daß das Brandt-Regime gerade nach dem Nixon-Besuch in Moskau im Mai viel dazu tun könnte, um Verhandlungen zwischen Israel und den arabischen Staaten anzubahnen. Diese Tatsache ist einer der Gründe, daß man sich hier von dem bevorstehenden Besuch des deutschen Bundeskanzlers etwas erwartet. Es gibt aber auch Skeptiker, die befürchten, daß der geplante Besuch aus deutschen innenpolitischen Gründen nicht zustande kommen könnte. Obzwar noch kein Termin festgelegt wurde, glaubt man, daß Herr Brandt im September oder Oktober eintreffen wird. Nun wäre es aber möglich, daß bis dahin die SPD-Regierung sich gezwungen sieht, Neuwahlen auszurufen oder mit derartigen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, daß Herr Brandt unabkömmlich sein könnte.

Bundeskanzler Brandt wurde von Israels Ministerpräsident, Frau Golda Meir, persönlich eingeladen, allerdings erst, nachdem sein Besuch einstimmig vom Kabinett gutgeheißen worden war, und nachdem schon vorher Außenminister Scheel in Israel gewesen war.

Es geht dabei um viel mehr als nur um den Freundschaftsbesuch eines Regierungschefs. Der Besuch des Kanzlers soll zur Normalisierung der Beziehungen zwischen dem jüdischen und dem deutschen Volk beitragen.

Bezeichnend ist, daß nicht einmal die rechtsradikale Cherut-Partei gegen diesen Besuch aufbegehrte. Es wäre verfrüht, heute schon die genauen Gesprächsthemen zwischen Frau Golda Meir und Herrn Brandt erfragen zu wollen. Fürs erste verspricht man sich hier allerdings viel von einer eventuellen Vermittlerrolle der Bundesrepublik Deutschland im Konflikt zwischen Israel und den arabischen Staaten.

Als nicht weniger wichtig sieht Israel die Mittlerrolle Deutschlands in der EWG an. Die Bundesrepublik Deutschland ihrerseits möchte von Israel Unterstützung in den Entwicklungsländern, in denen Israeli tätig sind, erhalten. Deutsche Investoren sind bereit, weitere Gelder im Lande Israel zu investieren, doch verlangen sie Garantien für ihre Anlagen. Die deutsche Touristik ist bereit, den Tourismus von Deutschland nach Israel zu intensivieren, wenn Israel niedrigere Preise anbieten kann. Auch die Kulturbeziehungen, besonders der gegenseitige Jugendaustausch, ließen sich weiter ausbauen, wenn Israel diese Bestrebungen von Staats wegen unterstützte.

Eine Minderheit in Israel glaubt freilich, daß der Besuch eines deutschen Bundeskanzlers in Israel noch verfrüht sei. Allerdings hat die Gruppe sich bisher noch nicht öffentlich zu Wort gemeldet.

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