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Wertesicherung

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Die wirtschaftliche Union zwischen den beiden Deutschländern wird am Sonntag, 1. Juli, perfekt. Die DDR-Wahlen signalisierten den Mächtigen in der Bundesrepublik, daß den Menschen in der DDR die Sicherung ihrer im Vergleich zur BRD bescheidenen Werte mehr als wichtig war. Immerhin haben sie Spareinlagen in der Höhe von 151 Milliarden Mark angesammelt; das sind 9.070 Mark pro Bewohner. Wie umgetauscht werden kann, zeigt die Graphik.

Damit gilt es auch ein Programm des Zusammenwachsens von zwei völlig verschieden strukturierten Staaten zu verwirklichen.

Im Jahre 1988 hatte die BRD 931 Milliarden DM Einnahmen, davon kamen 39 Prozent aus Sozialbeiträgen, zwei Prozent aus Abführungen der Betriebe und 55 Prozent aus Steuern, die restlichen vier Prozent aus sonstigen Einnahmen. Ganz anders die Einnahmenstruktur der DDR. Von den 270 Milliarden Mark kamen acht Prozent aus Steuern, 76 Prozent aus Abführun. gen von Betrieben (Kombinate und volkseigene Betriebe), sieben Pro???? zent aus Sozialbeiträgen und neun Prozent aus sonstigen Einnahmen.

Eine Harmonisierung der Geldquellen für den Staat ist, wie sich leicht erkennen läßt, eine tiefgreifende Veränderung bestehender Strukturen. Es wurde dabei keine Kompromißlösung, sondern der Übergang des einen Systems in das andere '!ngestrebt. Unlösbar ist diese Aufgabe nicht.

In der DDR lebten 1988 16,7 Millionen Menschen, das entspricht der Bevölkerung des Bundeslandes

Nordrhein-Westfalen. Nach der Wirtschaftskraft käme die DDR beim heutigen Standard. mit 363 Milliarden D-Mark hinter Nordrhein- Westfalen mit 550 Milliarden Mark und Bayern mit 379 Milliarden (bei elf Millionen Einwohnern) noch vor Baden-Württemberg mit 339 Milliarden zu liegen. Da es ja nicht darum gehen kann, die Bürger der DDR auf Dauer zu Lasten der Bundesbürger mit Nahrung, Kleidung und Wohnung zu versorgen, sondern durch einen Wachstumsschub die Entwicklung aus eigener Kraft anzuregen; ist es durchaus möglich, daß die „Region" DDR in nicht allzu ferner Zukunft ebensoviel wirtschaftliches Gewicht bekommt wie Nordrhein-Westfalen.

Die Umstrukturierung wird Opfer verlangen. Und zwar von beiden Seiten. Bisher florierte der Handel der DDR mit der Sowjetunion. Fast 70 Prozent der sowjetischen Exporte ????n die DDR waren Rohstoffe und Energieträger. Als Gegenleistung lieferte die DDR fast 65 Pro-

zent ihrer Maschinen und Ausrüstungsgüter in die UdSSR. Dieses Geschäft wird zu Ende gehen, auch wenn ganze Industriezweige zwischen Riga und Wladiwostok mit Geräten aus der DDR arbeiten und daher von Ersatzteillieferungen abhängig sind. Doch in der Zwischenzeit werden die Betriebe wahrscheinlich die Stützung von zwei Seiten erfahren: Von der Bundesrepublik, die verhindern muß, daß die Belegschaften der großen Kombinate zu Arbeitslosen werden, und von der UdSSR, die eine Übergangsphase braucht, um ihre Produktionsstätten auf andere Geräte umzustellen.

Es ist daher zu erwarten, daß die Bundesrepublik in der DDR während einer Übergangsphase marode Betriebe finanziert, damit diese ihre Verpflichtungengegenüber der · Sowjetunion einhalten können. Das gibt aber auch dem Westen eine Verschnaufpause: Keine Tausenden Arbeitslosen, die ihr Glück im anderen Teil Deutschlands suchen.

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