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DDR-Anschluß

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Das Wichtigste für die DDR, haben unsere Sozialdemokra- ten immer gesagt, ist ein Bei- tritt zur Bundesrepublik in Würde und aufrechtem Gang: unter Wahrung der Interessen und sozialen Errungenschaften der DDR-Bürger.

Der bedauernswerte letzte Konkursverwalter der DDR, Ministerpräsident Lothar de Maiziere, hat Ende letzter Woche die herausragendsten Bouteillen seines Kabinett- Flaschenzuges in eine vorzeiti- ge, aber glänzend bezahlte Frühpension geschickt.

Daraufist die Ost-SPD ganz aus der Großen Koalition aus- getreten. Von allen bisherigen Verlusten der DDR dürfte dies der geringste sein.

Daß es in einem künstlichen Staatsgebilde wie der DDR nach 45 Jahren kommunisti- scher Diktatur keine demokra- tischen Politiker mit Erfahrung in Regierung und Verwaltung geben kann, war von vorn- herein klar. Aber auch Ama- teur-Politiker hätten nach 45 Jahren Mißwirtschaft einer auf- geblähten sozialistischen Staatsbürokratie begreifen können, was die Hauptursa- chen der Pleite sind. „Denkste, Puppe!" sagt der Berliner.

Die DDR-Weltanschauung sieht bis heute so aus: aus dem Osten kommt die soziale Er- leuchtung, aus dem Westen kommt das Geld. Die Unver- frorenheit, mit der nicht nur die SPD-Minister, sondern auch einige andere Regierungs- vertreter der DDR in die Kas- sen der Bundesrepublik gegrif- fen haben, ist einmalig.

Die Damen und Herren Mi- nister waren bisher unfähig, in der DDR eine Finanzverwal- tung aufzubauen, die in der Lage ist, Steuern und Sozial- abgaben einzuziehen und umgekehrt staatliche Gelder an Gemeinden und Betriebe zu verteilen. Aber sie waren jeden Tag dazu fähig, mehr Geld von Bonn zu fordern und nach drei Monaten „Arbeit" sofort mit dem Dienst-Mercedes in Urlaub zu fahren, während daheim das Haus brennt.

Man weiß auch, warum bun- desdeutsche und ausländische Investoren zögern: weil näm- lich die Eigentumsverhältnis- se an Grund und Boden unge- klärt sind; weil die alten SED- Führungskräfte in Bürokratie und Management sabotieren, wo sie können.

Was also ist da die dringlich- ste Forderung der Ost-SPD an den Einigungsvertrag mit Bonn? Ausgerechnet die Siche- rung der Eigentumsverhältnis- se in der DDR und das als staatliche Arbeitsplatzgarantie verstandene „Recht auf Ar- beit". Sicher gibt es nirgends soviel Aufräum-Arbeiten wie in Honeckers Scherbenhaufen.

Wenn die SPD den Eini- gungsvertrag scheitern läßt, dann wird nichts anderes blei- ben, als eine Art Not-Anschluß als Kapitulation. Damit die Not endlich ein Ende hat.

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