Kampf um Gaza -Krieg im Kopf

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Da war der kleine israelische Kibbuz in Sichtweite der Grenze nach Gaza. In seinen Stallungen lagen die Kühe - tot. Eine Granate von "jenseits" hatte eingeschlagen. Stunden später rollten wir, eine Handvoll Journalisten, hinter ersten israelischen Panzern in Gaza ein -jener Stadt, die mir seither wie der Vorhof der Hölle erscheint. Es war der Beginn des Sechstagekriegs 1967.

Was wir damals in Gaza erlebten, war ein einziger Schrecken: Die Heckenschützen. Die Minen. Die zerrinnenden Körper unter der Sonne. Die Prozession ausdrucksloser arabischer Gesichter, die uns mit weißen Tüchern entgegen zog -Zeichen ihrer Unterwerfung. Jetzt ist der Albtraum einmal mehr nach Gaza zurückgekehrt -nur wenige Wochen, nachdem sich die Führer Israels und der PLO beim Papst zum Gebet getroffen haben.

Fluchbeladener Mittelosten

Und wieder frage ich mich: Wann ist der "Sechstagekrieg" samt seinem infernalischen Vor-und Umfeld endlich zu Ende? Im Schlachthaus Gaza. Im fluchbeladenen Mittelosten. Und auch in unseren eigenen, von Überdruss und Vorurteilen übervollen Herzen. Seit Tagen steht die Festspielstadt Salzburg im Zeichen europäisch-islamischer Verständigung (die FUR-CHE berichtete): Sufi-Mystiker singen in Kirchen. Theologen erinnern an die Nähe im Glauben und verweigern allen "Wahrheitsbesitzern" ihren Monopol-Anspruch. Und aufgeklärte Muslime beschwören einen Islam, der im säkularen, demokratischen Europa anschlussfähig ist. Aber auch in Salzburg erlebe ich die alte Bruchlinie: Öffentlich der starke Applaus für interreligiöse Toleranz und mehr Gemeinsamkeit der "Kinder Abrahams". Immer latent aber viel Zweifel - und die Angst, am Ende den interreligiösen "Weichspülern" auf den Leim zu gehen: Sind denn Islam und Gewalt nicht doch Geschwister?

Ich frage mich: Gibt es überhaupt eine reelle Chance, diese so tief sitzenden, immer neu aufgeladenen Feindbilder zu löschen -in Nahost und auch bei uns? Die Erfahrung sagt: Politik und Diplomatie schaffen es nicht. Religionsdialoge stoßen rasch an Grenzen. Die Kunst könnte Brücken bauen, aber auch sie sind nicht dauerhaft genug.

Ein christlicher Koran-Kenner zitierte jetzt in Salzburg "eine der glücklichsten Erinnerungen" im Leben des deutschen Altkanzlers Helmut Schmidt: Eine nächtliche Nil-Schifffahrt mit dem (1981 ermordeten) ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat: "Wir saßen stundenlang an Deck, hatten die Unendlichkeit und Ewigkeit über uns und sprachen über unseren gemeinsamen Gott". Und beide entdeckten dabei, wie wenig sie voneinander wussten und wie viel sie miteinander teilten. Schmidts Fazit: "Ich habe Sadat geliebt!"

Ein berührendes Plädoyer für die Friedenskraft der Begegnung von Mensch zu Mensch -Nachahmung dringend empfohlen. Und bei uns auch weit risikoloser als am Schauplatz Nahost: Dort zahlen Friedensstifter nicht selten mit ihrem Leben.

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