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Was hat diesen Mann geprägt, um ständig gegen den Rest der Welt zu sein? Was denkt die Opposition, die den Irak von diesem Diktator befreien will?

Saddam heißt wörtlich übersetzt "der, der dagegen ist". Der Name des irakischen Diktators könnte demnach nicht besser gewählt sein. Gegen jemanden oder etwas sein - das zieht sich wie ein roter Faden durch die Biografie Saddam Husseins: Er lehnte sich auf gegen seine Herkunft, gegen seine Familie, seine Erzieher, seine Regierung, seine Religion, seine Partei, seine Kampfgefährten und Protegés. Gleichzeitig verbündete er sich mit allen diesen - wenn es zu seinem Nutzen war, wenn sie ihm sein politisches und physisches Leben sichern konnten. Denn Überleben heißt Saddams Maxime, der er alles opfert.

"Den Teufel gebären"

Um Geburt und Kindheit Saddam Husseins ranken sich Legenden. Die übelste darunter ist wohl die, wonach sich Saddams Mutter während der Schwangerschaft mit dem Schrei "Ich werde den Teufel gebären" vor einen Bus werfen wollte. Der Selbstmordversuch misslang. Zur Welt gekommen ist ein ungeliebtes Kind. Einer mehr in der barfüßigen Kinderschar von Al-Ouja einem kleinen Nebenort von Tikrit hundert Kilometer nördlich von Bagdad. "Die Scham wegen seiner ärmlichen Herkunft wurde zur Triebfeder seines Ehrgeizes", schreibt Con Coughlin in seiner aktuellen Saddam-Biografie.

Geburtsdatum und Herkunft aus Armut und Illegitimität hat Saddam später geschönt. Älter gemacht hat er sich, um nicht jünger als seine Frau - eine Schande in der arabischen Welt! - zu sein. Und den Tag hat er verändert, um nicht zu den gewöhnlichen Bauernkindern zu gehören, die alle zur Vereinfachung offiziell am 1. Juli zur Welt gekommen sind. Herausgekommen ist schließlich der 28. April 1937 und um diesen Tag Glaubwürdigkeit zu verleihen, machte Saddam 1980, ein Jahr nach seiner Machtergreifung, den irakischen Nationalfeiertag daraus.

Zum offiziellen Geburtsort Saddams wurde Tikrit. Das hatte den Vorteil, dass er sich damit auch als Nachfolger von Saladin präsentieren konnte, der 1138 in Tikrit geboren wurde. In einer Reihe mit dem legendären Muslimführer, der die Kreuzfahrer in Palästina besiegte, das passt zum Selbstverständnis des Diktators.

Sohn einer Räuberbande

Aufgezogen und geprägt wurde Saddam aber von seinem Onkel Khairallah Tulfah, einem überzeugten Anhänger des Nationalsozialismus. Seinen Hass auf Juden und Perser gab dieser an den Schützling weiter und konnte damit dessen spätere Außenpolitik maßgeblich beeinflussen. Denn trotz aller Versuche, sich von seiner Herkunft zu lösen, Saddam hat die Traditionen seiner Vorfahren fortgesetzt - eines Clans, der als die schlimmste Räuberbande der Gegend verschrieen war.

Schon in jungen Jahren genoss Saddam, laut Nahost-Spezialist Con Coughlin den Ruf, skrupellos zu sein. Besonders nach seiner "Blutstaufe", eines im Auftrag seines Onkels ausgeführten Mordes an einem kommunistischen Politiker, genoss er unter Iraks jungen Revolutionären großes Ansehen. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich damals als Busschaffner. Den Großteil seiner Zeit widmete Saddam jedoch seiner Arbeit als politischer Agitator.

Im Oktober 1959 scheiterte ein Attentat am irakischen Präsidenten Abdul Karim Qassem, der im Jahr zuvor nach dem Sturz der Monarchie an die Macht gekommen war. Saddam, dessen Nervosität zum Misserfolg geführt haben soll, wurde dabei am Bein verletzt. Obwohl die Verletzung geringfügig war, wurde dieser Vorfall später von Saddams Propagandamaschinerie derart ausgeschmückt, dass die meisten Iraker glauben, er sei an seinen Wunden fast gestorben. Die nächsten drei Jahre lebte Saddam im Exil, zunächst in Damaskus, dann in Kairo, wo er unter anderem auch für den amerikanischen Geheimdienst gearbeitet hat. Vor genau vierzig Jahren, 1963, kehrte er in den Irak zurück und sein kompromissloser und von unzähligen Opfern gepflasterte Marsch an die Spitze des Staates begann.

Ein Wesenszug von Saddams Herrschaft besteht darin, schreibt Coughlin, seine Minister und Offiziere immer wieder zu barbarbarischen Akten zu verpflichten und so ihr Schicksal untrennbar mit dem des Regimes zu verketten. Bislang eine wirksame Überlebensstrategie: "Wir haben uns die Sonnenstrahlen gegriffen", erklärte Saddam einmal, "und wir werden nicht weichen."

Saddam Hussein Porträt eines Diktators. Die Biographie Von Con Coughlin, Verlag List, München 2002, 496 Seiten, geb., Fotos, e 24,-

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