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Wahlfreiheit für Eltern

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Der Leiter des Österreichischen Institutes für Familienför-schung, Helmuth Schattovits, will den Eltern durch einen „Betreuungsscheck" Wahlfreiheit zwischen Beruf und Kinderbetreuung ermöglichen.

diefurche: Werden in Österreich Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder vom Staat ausreichend unterstützt? Helmuth Schattovits: Eltern mit Kindern unter zwei Jahren werden relativ nachhaltig durch das Karenzgeld unterstützt. Bei den Vier- bis Sechsjährigen gibt es ein gutes Angebot an Kindergärten. Bei den Zwei- bis Vierjährigen ist die Unterstützung gering, da Eltern kein Karenzgeld mehr bekommen, die Kinder aber auch noch nicht in den Kindergarten gehen können. Nach meinen Berechnungen werden von der öffentlichen Hand für die zwei Altersgruppen von null bis zwei und von vier bis sechs Jahren jeweils etwa 14 Milliarden Schilling aufgewendet, während für Zwei-bis Vierjährige nur 3,5 Milliarden bezahlt werden. Nach der Karrenzzeit ist also ein Loch bei der staatlichen Unterstützung und da besteht Nachholbedarf.

diefurche: Wie soll dieser Nachholbedarfaussehen?

schattovits: Es sollte die Möglichkeit geschaffen werden, daß sich die Eltern selbst organisieren können. Ich halte es für den falschen Weg, überall Institutionen hinzustellen. Ich habe daher die Idee eines Betreuungsschecks entwickelt. Dieses Modell sieht vor, daß Mütter oder Väter von der öffentlichen Hand einen Betrag zwischen 5.000 und 6.000 Schilling monatlich als Anerkennung für die von ihnen erwartete Betreuungsleistung bekommen.

Das wäre für Kinder bis zum sechsten oder siebenten Lebensjahr durchaus realisier- und finanzierbar. Es bleibt dann den Eltern überlassen, ob sie um das Geld eine von ihnen ausgewählte Betreuungsleistung ankaufen oder es als Anerkennung ihrer eigenen Betreuungs- und Erziehungsleistung sehen.

diefurche: Welche Vorteile hätte das? schattovits: Ein Betreuungsscheck würde die Selbsthilfekraft der Eltern mobilisieren. Andererseits würde sich durch die Kaufkraft der Eltern eine Nachfrage für soziale Güter ent-* wickeln. Damit wäre man auch die bürokratische Vorausplanung los. Die Mündigkeit und Eigenständigkeit des einzelnen wird ernster genommen, die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Kinderbetreuung ist dann nicht mehr nur ein Lippenbekenntnis. Der Nutzen aus dieser Betreuungsleistung kommt letztlich der Gesellschaft zugute. Jetzt ist es so, daß die Eltern die Kosten haben und die Gesellschaft den Nutzen hat. Ähnlich war es beim Pflegegeld. Es entspricht der Würde des alten Menschen, daß er finanziell abgesichert ist und damit die Möglichkeit bekommt, sich eine frei gewählte Betreuung anzukaufen. Er ist dadurch kein Bittsteller mehr, sondern ein gleichberechtigter Partner.

Das Gespräch führte

Monika Kunit

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