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Die Mütter aus der Zwickmühle befreien

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diefurche: Frau Landesrätin, Sie wollen fiir Niederösterreich ein neues Kindergartengesetz. Es sieht vor, daß auch Kinder unter drei Jahren einen Kindergarten besuchen können Was waren Ihre Überlegungen dazu? Traude otruba: Die Lücke zwischen Karenzurlaub und Kindergarteneintritt soll dadurch geschlossen werden. Das ist bei Alleinerziehern jetzt mit 18 Monaten Karenzurlaub der Fall. Da die Einkommenssituation der Frau im Schnitt wesentlich schlechter ist, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß viele Männer sofort das restliche halbe Jahr Karenzurlaub in Anspruch nehmen werden. Viele junge Familien können es sich einfach nicht leisten, auf das höhere Gehalt des Mannes zu verzichten.

diefurche: Wie sollen Kinder unter drei Jahren betreut werden?

votruba: Wir wollen Gruppen von vier bis maximal zehn Kindern mit einer gelernten Kindergärtnerin und einer Helferin. Es ist logisch, daß ein normaler Kindergarten mit einer Gruppengröße von 25 bis 30 Kindern bei den Kleinen nicht funktionieren kann. Das war auch nie meine Absicht.

dieFurche: Wo sehen Sie die Vorteile gegenüber einer Tagesmutter? votruba: Neben tier Beaufsichtigung der eigenen Kinder und der Tageskinder müssen die Tagesmütter in den meisten Fällen auch ihren eigenen Haushalt führen. Das bedeutet aber Einkaufen, Zusammenräumen und Kochen. Da kann mir keiner sa-

gen, daß das eine bessere Lösung ist, als wenn Eltern ihre Kinder in eine Kleinkindergruppe mit gut ausgebildeten Pädagoginnen geben, die sich ausschließlich um die Kinder kümmern.

diefurche: Einerseits wurde die Karenzzeit aus Budgetgründen gekürzt, auf der anderen Seite wollen Sie Kleinkinderbetreuungsplätze finanzieren. Geht das nicht in die falsche Richtung?

VOTRUBA: Ich glaube nicht, daß die Kleinkindergruppen in der Betreuung teurer kommen als Tagesmütter. Das Loch bis zum Eintritt in den Kindergarten ist aber sowieso da. Abgesehen davon, müssen viele Frauen zurück an den Arbeitsplatz, weil sie .

sonst ihre Wohn- und Lebenskosten nicht finanzieren könnten. Frauen, die heute eine Ausbildung und Selbstbewußtsein haben, kann man auch nicht einfach zu Hause lassen. Wenn wir den Frauen nicht die Möglichkeit geben, Familie und Beruf zu vereinbaren, werden dem Staat einmal sehr gut ausgebildete Frauen fehlen. Andererseits überlegen sich viele Frauen, ob sie in dieser Situation überhaupt ein Kind bekommen möchten. Es gibt einen Aufschrei, weil die Geburten erneut zurückgegangen sind. Um das zu verhindern, müssen wir den Frauen die Möglichkeit geben, Beruf und Kinderwunsch zu verwirklichen. In dieser Zufriedenheit können dann auch gesunde, fröhliche Kinder erzogen werden. Das sollte das Ziel sein, und das will ich durch das neue Gesetz erreichen.

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