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Familie als fixer Termin

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(ma)-FüT eine gute Betreuung eines Kindes sollten sich jeden Tag Mutter und Vater für jedes Kind - und das ist ein absolutes Minimum - eine halbe Stunde Zeit nehmen, erklärt Brigitte Rollett, Abteilungsleiterin des Institutes für Entwicklungspsychologie an der Universität Wien. In dieser Zeit soll man sich „qualitativ und hochwertig" dem Kind widmen. Das heißt, mit kleinen Kindern aufmerksam spielen, mit größeren plaudern oder Probleme besprechen. Wichtig ist, diese „beziehungschaffende" Zeit mit jedem der Kinder einzeln zu verbringen. Kinder muß man genauso „auf den Terminkalender schreiben, wie alles andere", und wenn man einen noch so gestreßten Beruf hat, fixe Termine müssen eingehalten werden.

„Kinderkrippen sind schlecht"

Demgegenüber spielt eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, wer das Essen kocht, wer die Wäsche wascht, wer mit dem Kind die Hausübungen macht. Eltern sind zum Beispiel oft die schlechtesten Nachhilfelehrer, erklärt die Entwicklungspsychologin. Eines sei aber sehr wichtig: daß Aufsichtspersonen „freundlich und kompetent" sind.

Jedoch sollte das Kind bis zum sechsten, spätesten achten Monat mit den Leuten bekannt gemacht werden, die später für es sorgen. Denn vom achten Monat bis ins Alter von zwei Jahren haben Kinder die höchste Trennungsangst. Daher war auch die Einführung des längeren Karenzurlaubes eine wichtige Errungenschaft, denn früher wurde das Kind nach einem Jahr - eben in der Phase der größten Trennungsangst - sehr oft von der Mutter getrennt.

„Kinderkrippen sind sehr schlecht", meint Rollett. Man brauche doch nur in eine Kinderkrippe hineinzuschau-

en - mindestens ein Kind weine. Die anderen Kinder würden dadurch ihrerseits belastet.

In den Kindergarten sollten Kinder frühestens mit drei Jahren gehen,.je-doch sei diese Entscheidung von der Entwicklung des Kindes abhängig. Für Kinder ab vier Jahren ist der Eintritt in den Kindergarten problemlos. Den ganzen Tag dort zu verbringen, wäre jedoch für ein Kind auch nicht unproblematisch. Schlechte Leistungen in der Schule sind später die Folgen, da das fortwährende Kindergarten-Programm für Kinder diesen Alters eine Überforderung darstellt. Halbtags sei der Kindergartenbesuch für die Entwicklung aber förderlich.

Den Rückgang der Kinderzahl führt Rollett auf zwei Punkte zurück.

□ Die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage mit der Frage: Kann ich mir das Kind überhaupt leisten?

□ Und nicht wenige möchten ihr Leben ohne Kinder unbeschwert genießen.

Familie und Berufswelt

(ma)-ln einer Zeit, in der der Lebensstandard hochgeschraubt und das Karrieredenken wichtig ist, bleibt zu wenig Zeit für Kinder: Als Baby in die Krabbelstube, dann ganztags in den Kindergarten, nach dem Vormittagsunterricht in der Schule in den Hort. Der Beruf Mutter müßte wieder attraktiver und die Arbeitswelt familienfreundlicher werden, um diesem Problem entgegen wirken zu können. Die Familien- und Arbeitswelt müßten aufeinander abgestimmt sein. Der Katholische Familienverband Österreichs hat diesbezüglich Überlegungen angestellt:

□ Mehr Teilzeitarbeitsplätze, die auch Gleitzeit zulassen, bringen vor allem jungen Familien mehr Zeit für ihre Kinder.

□ Pflegeurlaube sollten sich nach der Krankheitsdauer richten, sodaß ein Elternteil das Kind wirklich gesund pflegen kann.

□ Berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten nach Zeiten der Kindeserziehung würden Müttern und Vätern den Einstieg in die Berufswelt erleichtern. Familie soll also kein Karriere-hemmer sein.

□ Erziehung von Kindern sollte auch materiell anerkannt werden.

□ Eltern sollten Familien- und Erwerbsarbeitohne einseitigem Rollendenken miteinander teilen.

□ Familie und Beruf sollen nicht konkurrierende Lebens- und Arbeitsbereiche, sondern gleichberechtigte Entfaltungsmöglichkeiten für Männer und Frauen, für Väter und Mütter sein.

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