Papas (noch selten) allein zuhaus'

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Um halb sechs Uhr morgens mit dem Kind aufstehen, es waschen, seine Windeln wechseln, seine Zähne putzen, Frühstück machen, es füttern, gemeinsam spazieren gehen, Mittagessen zubereiten, während das Baby schläft, wieder füttern, spielen, spazieren und nebenbei den Haushalt führen. Ein Tagesablauf, den nicht nur viele Mütter, sondern auch immer mehr Väter erleben. "Das ist wirklich harte Arbeit. Ich habe es mir aber genauso vorgestellt und wollte es deshalb auch machen", sagt der ehemalige Pflegehelfer Reinhard Hajek, der sich nach der Geburt seiner ersten Tochter für vier Monate karenzieren ließ und für seine zweite Tochter das Papa-Monat in Anspruch genommen hat.

Laut aktueller Information des Familienministeriums sind bereits 17 Prozent der Kinderbetreuungsgeldbezieher Väter (siehe Interview) Das bedeutet aber nicht automatisch, dass sie auch tatsächlich bei den Kindern zuhause geblieben sind. Denn wer Kinderbetreuungsgeld bezieht, kann genauso erwerbstätig sein -vorausgesetzt, der Verdienst liegt unter der vorgeschriebenen Zuverdienstgrenze, die wiederum von der Höhe der bezogenen Förderung abhängt. "Es geht darum, deutlich zu machen, dass Betreuung zu zahlen ist und zwar unabhängig davon, ob man selbst betreut oder fremd betreuen lässt. Es ist also kein Indikator für die tatsächliche Väterbeteiligung", erklärt Wolfgang Mazal, Leiter des Österreichischen Instituts für Familienforschung.

Traditionelle Rollenbilder

Dazu kommt, dass österreichische Väter nur kurz zuhause bleiben, im Durchschnitt vier Monate, häufig sogar nur zwei. Doch welche Gründe sprechen gegen eine (längere) Auszeit? Häufig ist es das nach wie vor verbreitete, traditionelle Rollenverständnis: "Mein Arbeitgeber hat mich von Anfang an sehr unterstützt. Das Problem waren aber meine Kollegen: Sie waren total gegen meine Karenz und haben nicht verstanden, warum das ein Mann machen soll, wo diese Aufgabe doch scheinbar den Müttern obliegen würde", erzählt Hajek, der sich von seiner Entscheidung deshalb aber nicht abbringen ließ.

Anders erlebte diesen Prozess der Vertragsbedienstete Andreas Fallmann: "Alle haben es gut aufgenommen, auch meine Kollegen - obwohl das für sie bedeutet hatte, dass sie dadurch Überstunden machen müssen." Dass sich viele Unternehmen zu Unrecht vor einer Karenz der männlichen Beschäftigten fürchten, zeigen diverse Studien. "Wer ein familienfreundliches Betriebsklima hat, hat ganz klar auch wirtschaftliche Vorteile - das haben viele noch nicht begriffen", meint Familienforscher Mazal.

Unter anderem führe dieses Klima zum Anstieg der Mitarbeitermotivation, zum Rückgang von Krankenständen und auch der Personalwechsel in Unternehmen würde dadurch gemindert.

"Der Wunsch der Männer, ihre Kinder zu betreuen, ist definitiv da, aber bei vielen fällt die Entscheidung des Geldes wegen negativ aus. Nach wie vor ist es ja leider noch immer so, dass Frauen weniger verdienen", meint Martin Hagmann, Obmann der PIN-Väterberatung in Wien.

Mithelfende Väter, stabilere Ehen

Reinhard Hajek kennt diese Problematik: "Meine Frau ist freiberufliche Hebamme und hat dadurch kein fixes Einkommen. Wir haben also wirklich auf meine Karenz hin sparen müssen", so Hajek. Diese Erfahrung teilt auch der Niederösterreicher Andreas Fallmann, der sich nach der Geburt seiner Tochter für zwei Monate karenzieren ließ: "Das war ein wichtiger Punkt, denn wir hatten gerade erst unser Haus gebaut. Bei mir waren es im Endeffekt aber nur 20 Prozent weniger Einkommen. Das verkraftet man schon, wenn man dafür für sein Kind da sein kann."

Im Ausgleich zu den finanziellen Verlusten bietet die Vaterkarenz aber auch viele Vorteile: So haben kanadische Forscher beispielsweise herausgefunden, dass Ehen und Beziehungen deutlich länger bestehen bleiben, wenn sich Männer stärker an der Familienarbeit beteiligen. Auch die Bindung zum Kind wird dadurch gestärkt: "Als ich nach den zwei Monaten wieder zu arbeiten begonnen habe, war das eine Katastrophe, denn man wächst einfach sehr zusammen", weiß Fallmann.

Auch so manche Sichtweise ändert sich durch die Betreuung des Kindes: "Früher bin ich nach der Arbeit nachhause gekommen und habe mich oft gefragt, wie es sein kann, dass es so unaufgeräumt aussieht", meint der 39-Jährige. "Wenn man dann selbst beim Kind zuhause ist, merkt man: Man kommt einfach zu nichts. Jetzt sehe ich das entspannter."

Wie in vielen Bereichen gilt Schweden auch in Sachen Väterkarenz als Vorreiter: Bis zum achten Lebensjahr des Kindes können Eltern dort insgesamt 480 Tage in Karenz gehen -mindestens 60 Tage davon muss der zweite Elternteil (meist der Vater) in Anspruch nehmen. Für jeden Tag mehr, den der zweite Elternteil bei den Kindern bleibt, bekommen die Schweden 300 Euro Bonus pro Monat.

90 Prozent der schwedischen Männer entscheiden sich für eine Karenz. Für den Familienforscher Wolfgang Mazal liegt das vor allem an den unterschiedlichen kulturellen Kontexten: "Die Schweden haben schon vor gut hundert Jahren eine gesellschaftliche Gleichstellungsdebatte begonnen. In Österreich ist das seit den 1970er-Jahren ein Thema, aber wir entwickeln uns in dieser Sache in Wahrheit sehr rasch weiter."

Keine Patentrezepte

Einige zusätzliche Anreize will man hierzulande ab September mit Sozialpartnern und Experten diskutieren: etwa den "Papa-Monat" nach der Geburt oder das "Kinderbetreuungsgeldkonto", bei dem Eltern eine Fixsumme erhalten und Dauer wie Bezugshöhe frei wählen können. Auch der von Familienministerin Sophie Karmasin angedachte Bonus, falls beide Eltern gleichzeitig in Elternteilzeit gehen, steht dann zur Debatte. Doch wird das reichen, um die reale Väterbeteiligung bei der Haus-und Erziehungsarbeit zu erhöhen? "Das hängt auch von der Branche ab, vom Status der Firma, der Kultur und natürlich auch von der Kinderbetreuungssituation", so Mazal. Martin Hagmann von der Väterberatung wünscht sich vor allem breitere Akzeptanz der Vaterkarenz seitens der Gesellschaft. "Die Frage ist auch, ob die Mütter genügend Anerkennung für ihre Fürsorge bekommen", merkt er an.

Für Reinhard Hajek war das Daheimbleiben jedenfalls alle Mühen wert: "Ich würde es sofort wieder machen", sagt er. "Der Bezug zum Kind ist einfach besser, wenn man da ist. Und wenn man diese Erfahrung verpasst, gibt sie einem niemand je zurück."

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