Stadt der Sammler und Mäzene

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In Köln legt das geradezu kunstsüchtige Bürgertum seinen Reichtum seit jeher in Kunstsammlungen an.

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In Köln legt das geradezu kunstsüchtige Bürgertum seinen Reichtum seit jeher in Kunstsammlungen an.

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Wir sind drin" kündete in großen Lettern der Neubau des Kölner Wallraf-Richartz-Museums, bevor es diesen Jänner eröffnet wurde. Im Krieg zerstört, am alten Platz wieder aufgebaut war es bald zu eng. Man baute zwischen Rhein und Dom neu. Aber das repräsentative Gebäude war nach wenigen Jahren wieder nicht ausreichend. Ein letztes Grundstück fand sich noch zwischen Rathaus und Gürzenich. Der Grund des mehrfachen Umzugs? Köln ist eine Stadt von Kunst-Sammlern und -Mäzenen. Irgendwann landen die meisten Privatsammlungen im Museum, selbst solche aus Nachbarstädten wie Aachen oder Mülheim. In Aachen sammelte Peter Ludwig, der ja vielerorts mit seinen Stiftungen den Museumsbau belebt hat. In Köln war er als Spender von Schätzen aus dem 20. Jahrhundert besonders freigiebig und raumgreifend.

Als Untermieter bei Wallraf-Richartz war er unzufrieden und hörte nicht auf, die Kölner Stadtväter mit seinen Picassos und Rauschenbergs zu bedrängen, bis er es geschafft hatte: Das "neue" Museum trägt nun allein seinen Namen. Für die wertbeständigen Schätze, die seit 1824, als der Kanonikus Ferdinand Franz Wallraf seine Sammlung stiftete, Johann Heinrich Richartz den ersten Bau finanzierte, zusammengekommen sind, gibt es nun den "neuesten" Neubau von Prof. Oswald M. Ungers mit einer Ausstellungsfläche von 8.000 Quadratmetern. Die äußeren glatten Wände aus Basaltlava und Tuffstein schmücken zwei Bänder mit Schiefertafeln, auf denen 36 Namen der prominentesten Künstler stehen, denen man innen begegnet.

Die Kölner sind ihren Sammlern und Stiftern dankbar. Auch ihre Namen werden verewigt. Das ist neben Wallraf und Richartz der Domherr Alexander Schnütgen (1843 bis 1918), der unermüdlich das Land durchreiste und durchstöberte und viele verachtete und vergessene christliche Kunstwerke und Kultgegenstände erwarb. In der Kirche St. Cäcilien sind sie zu sehen: im Schnütgen-Museum. Nach dem Sammler Josef Haubrich ist eine Halle für Wechselausstellungen benannt, und wer ins Museum für angewandte Kunst kommt, kann ein ganzes Konvolut von Stifter-Porträts erwerben.

Auch ein Wiener wird übrigens in Köln verehrt: Der Fabrikant Adolf Fischer (1854 bis 1914) hat den Grundstock für die Sammlungen des Museums für Ostasiatische Kunst zusammengetragen. Während das Erzbischöfliche Diözesanmuseum noch bis 16. Mai "Die Schenkung Härle" ausstellt, die ihm von den kürzlich verstorbenen Töchtern des Mülheimer Sammlers übergeben wurden, geht in der Haubrich-Halle soeben die Ausstellung "Wahre Wunder - Sammler & Sammlungen im Rheinland" zu Ende, die an Hand von 400 Exponaten (in Kojen für jeden einzelnen Sammler) die ganze Vielfalt der kunstsüchtigen Bürger ausbreitet: vom Mittelalter bis zur Gegenwart, von der Heimatkunst bis ins ferne Japan. Schon seit dem Spätmittelalter sammeln sie, nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs hat diese Tätigkeit einen neuen Aufschwung genommen.

Rund 5.000 Kunst- und Heimatfreunde sind seit Jahrhunderten im Kölner Dombau-Verein zusammengeschlossen und stiften unermüdlich für diese ewige Baustelle. Nun wurde mit ihrer Hilfe ein sensationeller Zubau zum Dom fertig: In unterirdischen Gewölben konnte man in sechs-jähriger Arbeit Räume freilegen und einrichten, die auf drei Ebenen den Domschatz vorstellen. Nicht nur museale Kunstwerke glänzen hier in spiegelfreien Vitrinen zwischen römischen und karolingischen Mauern. Zum Kirchenschatz von unglaublichen 54.000 Objekten gehören Skulpturen, Keramiken, Modelle, Baupläne, Zeichnungen, aber auch Geräte, die noch zum Gottesdienst verwendet werden: Kelche, Monstranzen, Rauchfässer, Bischofstäbe, Brustkreuze, ... Und wieder wird man die Haupt-Sponsoren auf einer Ehrentafel verewigen.

Ehrlich erworbener und sinnvoll angelegter Reichtum wird von den selbstbewussten Kölner Bürgern nicht versteckt. Schon Johann Heinrich Richartz sagte bei der Grundsteinlegung seines Museums: "Ich habe nichts gethan als gezeigt, daß ich Herr meines Geldes bin."

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