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Des Caudillos graue Eminenz

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Einen lag naen tter itucKKenr aus den Sommerferien machte sich Spaniens Staatsichef, Generalissimus Franco, mit einem für sein hohes Alter beachtlichen Eifer daran, sein Haus für den Winter zu richten. Wie es die im Dezember des Vorjahres durch Volksentscheid angmommene „Ley Organica“, die neue Verfassung also, vorsieht, designierte er 40 Nationalräte und 24 Parlamentsabgeordnete. Außerdem ernannte er den Ministersekretär der Regierungspräsidentschaft, den Admiral Luis Carrero Blwnco, zum Regierungsvizepräsidenten.

Diese Ernennungen zeichnen nicht nur den politischen Weg Spaniens in der kommenden Wintersaison vor, sondern stellen eine Festigung der bisherigen Linie des Regimes und deren Weiterführung auf lange Sicht dar.

Hüter des Erbes

Die 40 Nationalräte werden ihr Amt bis zur Erreichung der Altersgrenze von 75 Jahren ausüben und bilden somit eine gewisse Garantie für die Verlängerung des Franquis-mus über die Lebenszeit seines Gründers hinaus. Die jahrelangen Spekulationen darüber, ob Franco einen Nachfolger bestimmen werde oder nicht, haben som'it eine zumindest teilweise Antwort gefunden. Die 40 Nationalräte sind die Hüter seines politischen Erbes und damit gewissermaßen Vormünder für Spaniens Zukunft.

Daß sie ihres Amtes im Sinne Francos walten werden, dürfte allein durch die Tatsache anzunehmen sein, daß sich unter ihnen nicht weniger als acht Minister des derzeitigen Kabinetts befinden. Es sind dies vor allem Minister, die für ihre Loyalität zu den Prinzipien der Staatsbewegung, des Movimiento also, bekannt sind, wie der Falangeminister Solis und der Chef der Regierungspräsidentschaft, Carrero Bianca, der außerdem zum Vizepräsidenten designiert wurde und somit Francos Stellvertreter ist. Der tradiitionialisti-sche Zweig des Regimes sowie Vertreter der neuen Macht in Spanien, des Opus Dei, sind ebenfalls auf der Liste der 40 Hüter des Franquismus zu finden. Hingegen sind die klassischen katholischen Gruppen und die juaniistischen Monarchisten, die Anhänger des spanischen Thronprätendenten Don Juan de Borbön also, nur sehr schwach vertreten.

Der Intimus

Vollkommen in der Linie dieser aufschlußreichen Ernennungen liegt auch die Bestimmung von Francos Stellvertreter. Der Admiral Carrero Blanco, der als Mittelsmann und Bindeglied zwischen den politischen Strömungen innerhalb des Regimes gilt, ist Franquist und Vertrauter des Staatschefs. Seit 26 Jahren gehört er der Regierung an und ist engster Mitarbeiter und Vertrauter Francos. In dieser Eigenschaft übt er einen unsichtbaren, aber nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die Zusammensetzung des Kabinetts aus. Er hat, so heißt es, die Regierungsumbildungen der letzten 26 Jahre inszeniert. Durch ihn kamen der heutige spanische Botschafter bei der EWG, Alberto Ullastres, und andere Mitglieder des Laienordens Opus Dei in die Regierung. Mit der 1956 erfolgten Ernennung Ullastres zum Handelsminister brachte er einen neuen Machtfaktor in die Regierung, der heute am hervorragendsten von Entwicklungsplanminister Lopez Rodo präsentiert wird.

„Minister auf Teppichen“

Die Aktivität Carrero Blancos als Stellvertreter des Oau'düllo wird demnach grundverschieden von der seines vor knapp zwei Monaten aus seinem Amt ausgeschiedenen Vorgängers, des Generalkapitäns Muüoz Grandes, sein. Denn Mufioz Grandes war nur Berufsmilitär und bildete keinen integrierenden

ßesrcanotemi des Verwaltungsapparats wie Carrero Blanco, der seine Karriere zwar als Marineoffizier begann und es im aktiven Dienst bis zum U-Boot-Kommandanten und Professor an der Kriegsmarineakademie

brachte, zum Admiral jedoch ernannt wurde, als er bereits an der Spitz« der Regierungspräsidentschaft stand Er ist, mit den Worten der gewerkschaftseigenen Madrider Abendzeitung „Pueblo“, ein „Minister aut

Teppichen, nicht auf Tribünen“. Seine Rolle im politischen Leben des Landes war stets erstrangig doch kaum bemerkbar. Dies trug ihm die Bezeichnung „graue Eminenz des Regimes“ ein. Das Adjektiv „grau“ dürfte seine Bedeutung nach der Ernennung zum Vizeregierungspräsidenten verlieren, fortan dürfte „Eminenz des Regimes“ allein genügen. Vielleicht — und es gibt genügend Anzeichen dafür — wird Carrero Blanco in nicht zu ferner Zukunft noch eine weitere — allerdings offizielle — Betitelung erhalten. Das mit der neuen Verfassung geschaffene Amt des Premierministers ist noch immer frei. Der Regierungsvizepräsident, Carrero Blanco, kann für sich die besten Chancen buchen, diesen Posten als Gipfel seiner politischen Karriere zu erklimmen.

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