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EDWARD HEATH / VERBINDUNG ZUM KONTINENT

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Am 23. Mai wird die feierliche Überreichung des Karlspreises an den britischen Lordsiegelbewahrer Edward Heath in Aachen stattfinden. Der Preis wurde von der Stadt Aachen zum erstenmal im Jahre 1949 verliehen, und zwar für Verdienste um die Einheit Europas. Daß die Verleihung des Preises bereits zweimal an Engländer erfolgte, erscheint nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern hat vielleicht auch eine gewisse historische Berechtigung, denn der Beginn der kulturellen Zusammenarbeit zwi-

schen England und dem Kontinent geht zurück bis auf die Zeit Karls des Großen. Während eines Zeitraums von über zwanzig Jahren (753—804), also bis zum Tode Karls des Großen, war sein Berater bei den von ihm geplanten umwälzenden Unterrichtsreformen der englische Theologe und Gelehrte Alcuin von York.

Jedoch ist die Auszeichnung Heaths keineswegs nur auf Grund der historischen Gegebenheiten, noch auch ausschließlich auf Grund der Tatsache erfolgt, daß Heath von der britischen Regierung zum Leiter der Verhandlungen Großbritanniens über eine engere Verbindung mit Kontinentaleuropa ernannt wurde. Heath erhält den Karlspreis, weil er ein überzeugter Europäer ist und immer war, ein unermüdlicher Arbeiter im Dienste der europäischen Bestrebungen Großbritanniens, der sich den Respekt aller, die mit ihm zusammenarbeiten, erworben hat.

Schon in Oxford zeichnete sich Heaths politische Begabung ab, und er wurde zum Präsidenten der Oxford-Union ernannt, einer Vereinigung, in der viele prominente Politiker Englands ihre ersten Erfolge errangen.

Im Jahre 1950 zog Heath in das Unterhaus ein, und schon seine Antrittsrede befaßte sich mit Großbritanniens Stellung in Europa und

forderte Großbritanniens Mitgliedschaft bei der Montanunion. Bald erkannte auch der „grand old man“ Heaths Befähigung und seit 1951 zeigte seine politische Karriere eine steile Aufwärtskurve. Zum Lordsiegelbewahrer wurde er 1960 ernannt.

Heath besitzt viele Eigenschaften, die ihn für seine verantwortungsvolle Tätigkeit besonders geeignet erscheinen lassen: bedingungslose Ehrlichkeit, umfangreiche Fachkenntnisse, geschickte Verhandlungstechnik, schnelle Auffassungsgabe und durchdringenden Verstand, der selbst die schwierigsten Probleme meistert. Dies alles hat Heath zu einem wichtigen Berater des Premierministers werden lassen, einem Mann, auf den alle Mitglieder des Unterhauses, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, hören.

Trotz des Abbruchs der EWG-Verhandlungen hat Heath sich seinen Glauben an den europäischen Zusammenschluß nicht rauben lassen. Sehr bald nach diesem Abbruch gab er seiner festen Überzeugung Ausdruck, daß die gegenwärtigen Schwierigkeiten bei der Erreichung wirtschaftlicher Einigung nur vorübergehender Natur seien, wenn sich vielleicht auch Verzögerungen daraus ererben könnten. Mit Bezug auf die EWG, Montanunion und Euratom sagte Heath: „Wir waren immer der Meinung, daß die schon

bestehenden Gemeinschaften die Basis des geeinten Europas bilden würden. Die Bildung dieser Gemeinschaften stellten eine Leistung dar, für die den sechs Ländern der EWG höchste Anerkennung gebührt. Sie betrachten sich als eine Gemeinschaft und denken und arbeiten als solche. Dies ist etwas Neues im politischen Leben des 20. Jahrhunderts.“

Was Großbritanniens Wunsch betrifft, sich mit ganzer Kraft am Aufbau des neuen Europa zu beteiligen, sagte Heath: „Wir arbeiten auf die Entwicklung einer starken politischen und wirtschaftlichen Gemeinschaft hin, deren Stimme in zunehmendem Maße in den Weltorganisationen gehört, und deren Einfluß mehr und mehr spürbar werden wird. Das neue Europa wird einen gleichberechtigten Partner darstellen, der sich der traditionellen Bindungen zu den überseeischen Ländern und der wachsenden Verpflichtung gegenüber der übrigen freien Welt voll bewußt ist.

Wenn der britische Lordsiegelbewahrer am 23. Mai seine Ansprache in der alten Kaiserstadt Aachen hält, werden die vielen Anhänger Heaths und seiner Europapolitik gespannt zuhören, was dieser unermüdliche Verfechter der europäischen Einheit neuerlich über die europäische Zusammenarbeit zu sagen haben wird.

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