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ÖVP erwägt „Konsequenzen

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,Mit Befriedigung“ stellte KPÖ-Vorsitzender Muhri fest, der „beharrliche Kampf der Kommunisten“ gegen das Bundesheer finde< nun durch das. von sozialistischen und linkskatholischen Kreisen angestrebte Volksbegehren zur Auflösung des Bundes-heeres „breitere Resonanz“. Damit ist die KPÖ die< erste Partei, die sich zu diesem Volksbegehren bekennt. Damit scheint die Initiative einiger Illusionisten und Träumer aber auch hinlänglich disqualifiziert.

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,Mit Befriedigung“ stellte KPÖ-Vorsitzender Muhri fest, der „beharrliche Kampf der Kommunisten“ gegen das Bundesheer finde< nun durch das. von sozialistischen und linkskatholischen Kreisen angestrebte Volksbegehren zur Auflösung des Bundes-heeres „breitere Resonanz“. Damit ist die KPÖ die< erste Partei, die sich zu diesem Volksbegehren bekennt. Damit scheint die Initiative einiger Illusionisten und Träumer aber auch hinlänglich disqualifiziert.

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Wenn man dem beabsichtigten Volksbegehren etwas Positives abgewinnen kann, dann ist es die Tatsache, daß Bundesheer und Landesverteidigung schlechthin — wenn auch nicht immer staatspolitisch positiv — zur Zeit in Österreich zur Diskussion stehen wie kaum je zuvor. So ist auch die Äußerung Doktor Praders zu verstehen, das Volksbegehren komme ihm gar nicht ungelegen, müsse sich doch die Öffentlichkeit endlich einmal klar — so oder so — bekennen.

Die Fronten im Kampf um eine möglichst wirksame Form der Verteidigung unseres Landes sind offensichtlich in Bewegung geraten. Jahrelang aufgestautes Unbehagen hat anscheinend solches Ausmaß angenommen, daß eine Diskussion unvermeidlich geworden ist. Es begann mit einer — eher beiläufig eingestreuten — Passage in einer Rede, die ÖVP-Generalsekre-tär Dr. Withalm anläßlich der Eröffnung des Wahlkampfes in Wien vor Funktionären und Mitarbeitern der

ÖVP hielt und in der er etwas nebu-los das „Durchdenken und das Ziehen von Konsequenzen“ in Fragen der Landesverteidigung ankündigte. Noch am selben Abend begann das Rätselraten darüber, wie derartige Konsequenzen aussehen könnten. Manche erblickten darin eine indirekte Abmahnung des Verteidigungsministers; vor allem dann, als bekannt wurde, daß Withalm Prader von dieser Absicht vorher informiert habe und der Verteidigungsminister wenig erfreut gewesen sein soll. Wer aber noch der Meinung war, der Ankündigung des Vizekanzlers sei wenig Bedeutung beizumessen, wurde bald eines besseren belehrt.

Offiziersputsch?

In einem Vortrag vor Offizieren, Politikern, Industriellen und Beamten vertrat der Kommandant der Landesverteidigungsakademie — der höchsten Offiziersschule des Bundesheeres —, Generalmajor Spannocchi, revolutionäre Ansichten. Bei genauer Beurteilung war es bereits mehr als

eine Geste, es war ein dramatischer Appell für eine Reform des Bundesheeres.

Nach der ersten Aufregung über diesen „Offiziersputsch“ konzentrierte sich das Interesse auf die Reaktion des Verteidigungsministers. Wenn auch nicht anzunehmen war, daß Spannocchi völlig ohne Wissen seines Ressortchefs derart weitreichende Änderungen zur Diskussion stellen werde, beinhalteten doch Spannocchis Ausführungen einige Passagen, die man als Vorwurf an den für die bisherige Linie verantwortlichen Verteidigungsminister auffassen mußte. Am schlimmsten für Prader war wohl der freimütig zugegebene, von Prader stets geleugnete Leerlauf in der Ausbildung. In die durch Volksbegehren, Unbehagen und Ansätze zur Reform charakterisierte Situation griff auch Unterrichtsminister Dr. Mock ein. „Die geistige Landesverteidigung“, erklärte er, darf kein Ersatz für das Bundesheer sein, das nach wie vor eine Schlüsselposition im österreichischen Verteidigungskonzept besitzt.“ Und um alle Mißverständnisse auszuschließen, fügte er hinzu. „Diese Feststellungen wollen keineswegs andeuten, daß eine Diskussion über das Bundesheer ausgeschlossen ist, doch soll unmißverständlich dokumentiert werden, daß Bestrebungen zur Abschaffung des Bundesheeres von uns nicht als mögliche Alternative innerhalb der geistigen Landesverteidigung angesehen werden.“

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