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Plauderhafte Generäle

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Hohe und höchste Offiziere des Bundesheeres scheinen zunehmend ein neues Tätigkeitsfeld entdeckt zu haben: aus ihrer militärischen Funktion heraus gezielte (wehr-)politische Aktivitäten zu entfalten und sich mit markanten (wehr-)politischen Aussagen und Forderungen in der Öffentlichkeit in Szene zu setzen.

Die sich während der letzten Monate häufenden und durch die Bank eigenmächtig inszenierten medialen Auftritte hochrangiger Kommandanten liefern hiefür einen deutlichen Hinweis.

Es hat sohin ganz den Anschein, als ob manche aus der „Großen Schweigerin“, die auch das Heer der Zweiten Republik in Fortführung der k. und k. Tradition lange war, mehr und mehr eine „Große Rednerin“ und dazu noch „Politi-siererin“ machen wollten.

Worin liegt nun die Ursache für diesen Verhaltenswandel? Liegt der Grund tatsächlich nur in dem traurigen Zustand, in dem 16 Jahre sozialistischer Regierungspolitik das Bundesheer in vielerlei Hinsicht zurückgelassen haben? Handeln manche militärischen Verantwortungsträger tatsächlich aus Sorge um die notwendige Sanierung des Heeres?

Oder wollen sie das wehrpolitische Geschick unseres Landes soweit wie möglich aus den Händen der Politiker in die eigene politische Obhut überführen und über die Köpfe der zuständigen politischen Instanzen hinweg die „Flucht in die Öffentlichkeit“ suchen?

Selbst wenn diese Erklärung als ausreichend empfunden würde, so wäre bereits in diesem Fall in bedenklichster Weise jener Primat der Politik in Frage gestellt und unterlaufen, der die militärische Führungshierarchie den Trägern der politischen Verantwortung klar und eindeutig unter- und nachordnet und auch (und gerade) in der Verteidigungspolitik unseres demokratischen Verfassungssystems gar nicht strikt genug gewahrt werden kann.

Doch es steckt noch mehr und anderes dahinter.

So fällt besonders auf, daß sich die kritischen Wortmeldungen dieser Spitzenmilitärs just zu jenem Zeitpunkt zu häufen begannen, zu dem die parteipolitische Regierungskonstellation in Osterreich eine grundlegende Veränderung erfuhr und die Übernahme des Verteidigungsressorts durch die ÖVP erfolgte.

Mit einem Mal entdeckten gleichsam über Nacht ausgerechnet jene Kommandanten ihre „Führungsverantwortung“, die zuvor jahrelang wort- und tatenlos hingenommen hatten, wie die Realisierung des Landesverteidigungsplanes durch eine völlig unzulängliche Wehrpolitik der SPÖ immer weiter ins Hintertreffen geriet und beim Bundesheer die Schere zwischen dem Soll und Haben immer stärker auseinanderzuklaffen begann.

Es drängt sich daher der Verdacht auf, daß so manche von militärischer Seite vorgetragene -Kritik ebenso wie manche weit überzogene (und daher kontraproduktive) Sachforderung auch heute nicht so sehr vom Engagement für das Interesse der Landesverteidigung als von einem parteipolitischen Kalkül bestimmt wird. Darüber hinaus soll wohl nach dem bewährten Motto „Haltet den Dieb!“ vom eigenen, oft gravierenden Versagen in der Vergangenheit abgelenkt werden.

Dazu tritt der Versuch, innerhalb der militärischen Führung und mit den politischen Instanzen bestehende Auffassungsunterschiede über die künftige Ausgestaltung des Heeres und seiner Einsatzplanung zugunsten der eigenen Position dadurch zu entscheiden, indem diese mit Vehemenz in die Öffentlichkeit getragen wird.

Dem Betrachter bietet sich so in zunehmender Weise das Bild einer über grundlegende Fragen der Landesverteidigung und aufgrund persönlicher Rivalitäten zerrissenen Heeresführung.

Da diese Entwicklung dem Anliegen der österreichischen Landesverteidigung in hohem Maße zu schaden geeignet ist und darüber hinaus politisches Unbehagen prinzipieller Natur auslösen muß, wird es Aufgabe der politischen Verantwortungsträger sein, den Primat der Politik unmißverständlich sicherzustellen.

Für das (an sich notwendige und wichtige) politische Engagement der Offiziere gibt es sowohl Interessenvertretungen wie die Offiziersgesellschaft, die Milizverbände als auch die politischen Parteien. Das Bundesheer ist hiefür jedoch sicher der ungeeignetste Platz.

Der Autor ist Milizspreeher der OVP.

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