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Tatstrafredit -Tterstrafrecht?

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Wir beschließen im nachstehenden die Enquete über die geplante Strafrechtsreform mit der auszugsweisen Wiedergabe mehrerer Stimmen aus Anwaltskreisen. Vergleiche hierzu „Die Furche“, Nummern 9, 10 und 11

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Wir beschließen im nachstehenden die Enquete über die geplante Strafrechtsreform mit der auszugsweisen Wiedergabe mehrerer Stimmen aus Anwaltskreisen. Vergleiche hierzu „Die Furche“, Nummern 9, 10 und 11

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In der „Furche“ vom 1. März 1. J. hat Universitätsprofessor Dr. Ferdinand K a d e c k a, der Vorsitzende und Hauptreferent der Kommission zur Ausarbeitung eines Strafgesetzentwurfes, ausgeführt, daß der bisher fertiggestellte Entwurf einen Ausgleich zwischen dem Tatstrafrecht und dem Täterstrafrecht darstellt.

Es ist Aufgabe des Strafgesetzes, die verbotenen Handlungen und Unterlassungen anzuführen und die Strafen in einem gewissen Rahmen festzusetzen, die für den Fall des Zuwiderhandelns verhängt werden sollen. Die Androhung der Strafe soll also davon abhalten, sich gegen das Gesetz zu vergehen. Ist die strafbare Handlung begangen, soll einerseits bei Bemessung der Strafe auf die Persönlichkeit des Täters und auf die Umstände, unter denen die Tat verübt wurde, Bedacht genommen werden, anderseits soll eine solche Strafe verhängt werden, die den Täter abhält, sich in Zukunft gegen das Gesetz zu vergehen, die aber auch alle anderen Personen abschreckt, sich schuldig zu machen. Die im Gesetz vorgesehenen Strafen lassen in ihrer Abstufung den Grad erkennen, in dem die Art der Tat von der Rechtsordnung mißbilligt wird.

Auch das geltende Strafgesetz hat den Blick nicht starr auf die Tat gerichtet, sondern bietet durch die Anführung zahlreicher Milderungsgründe und durch das außerordentliche Milderungsrecht die Möglichkeit, bei Bemessung der Strafe auf die Persönlichkeit des Täters Bedacht zu nehmen. Der Entwurf bringt zusätzlich die bedeutsame Neuerung, daß das Gericht in besonders leichten Fällen von Strafe absehen kann.

Auf den Gedanken der Vergeltung und der Sühne kann aber nicht verzichtet werden. Der durch die Straftat Verletzte oder seine Angehörigen sollen die Gewißheit haben, daß die Tat durch die Bestrafung des Täters Vergeltung findet; sonst besteht vielfach Gefahr, daß der Verletzte selbst zur Vergeltung schreiten will.

Durch die Strafe soll dem Täter nach Maßgabe seines Verschuldens und seiner Persönlichkeit ein Leid zugefügt werden. Gleichzeitig aber soll der Versuch gemacht werden, den Täter zu bessern, in ihm den Sinn für die Forderungen der Gemeinschaft wachzurufen. Ob der Vollzug einer Freiheitsstrafe hierzu das geeignete Mittel darstellt, bleibe dahingestellt. Eher wird dieser Erfolg durch die bedingte Verurteilung, soweit diese in Betracht kommen kann, und durch das Absehen von Strafe erreicht.

Für die Kriminalpolitik ist die Art der Vollziehung der Strafe von größter Bedeutung. Es bestehen daher Bestrebungen, gleichzeitig mit dem neuen Strafgesetz ein entsprechendes Strafvollzugsgesetz zu schaffen. Der Entwurf enthält eine Reihe wichtiger Sicherungsmaßnahmen, von denen ein Teil vielleicht noch vor Fertigstellung des ganzen neuen Strafgesetzes in Wirksamkeit gesetzt werden könnte. So ist in Aussicht genommen, daß der gefährliche Geisteskranke, der ein Strafdelikt begangen hat, vom Strafgericht in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher eingewiesen wird, der deliktische Alkoholiker in eine Entwöhnungsanstalt, der Gewohnheitsverbrecher in Sicherheitsverwahrung. Die besondere Behandlung der Jugendlichen ist bereits im geltenden Jugend-gerichtsgesetz vorgesehen.

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