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Die Macht des Statuts

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Keine Partei ohne Satzung - ohne Satzung keine Partei: nach ihrem Einzug in das Parlament unter dem Namen „Die grüne Alternative (Grüne) - Liste Freda Meissner-Blau” hat sich die nunmehr vierte Kraft in der Bundespolitik ein Parteistatut verpaßt -und auf dem 1. Bundeskongreß in Klagenfurt am 14. Februar 1987 beschlossen.

Obwohl die Grün-Alternativen „keine Parteiorganisation im traditionellen Sinn” sein wollen, wie sie im Statut ausdrücklich feststellen, müssen sie den Anforderungen des geltenden Parteiengesetzes — auch formal — Genüge tun, um in den vollen Besitz aller Rechte und Pflichten einer politischen Partei zu gelangen.

Gibt es dennoch Unterschiede zu den Satzungen der älteren Parteien? Tatsächlich haben die Grünen in ihr Statut Bestimmungen aufgenommen, die von vorneherein das Abgleiten der Organisation in herkömmliche Parteibahnen verhindern sollen.

So wird zum Beispiel von den politischen Mandataren der Jung-Partei die Offenlegung ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse „zur Gänze” verlangt. Oder: Während sich andere Parteien mit sogenannten Quotenregelungen für eine stärkere Vertretung von Frauen in politischen Funktionen herumschlagen, schreibt das grünalternative Statut grundsätzlich die Parität von Frauen und Männern für alle gewählten Organe und Funktionen vor.

Auch potentiellen Multi-Funktionären wird ein „grüner Riegel” vorgeschoben. Mandatsträger im Nationalrat, im Landtag oder in größeren Städten dürfen gleichzeitig nicht Mitglieder des achtköpfigen Bundesvorstands, vergleichbar etwa mit einer Bundesparteileitung, sein. Gleiches gilt für die zwei Bundesgeschäftsführer, die General- beziehungsweise Zentralsekretäre der „Grünen Alternative”.

Und für die „Basismacht” sorgt der alljährliche Bundeskongreß, das oberste ent-scheidungs- und willensbildende Gremium der Partei. Allerdings wird den Landesorganisationen in ihrem Bereich eine weitgehende Autonomie zugebilligt.

Neben den neun Landesorganisationen, die den Bundeskongreß nach einem ausgetüftelten Zahlenschlüssel beschicken, der auf die Bevölkerungszahl abstellt, entsenden die ethnischen Minderheiten unabhängig davon vier Delegierte mit Sitz und Stimme. Den grünen Abgeordneten zum Nationalrat dagegen wird laut Statut beim Bundeskongreß lediglich Anwesenheits- und Rederecht, nicht aber das Stimmrecht zugestanden.

Und weil auch grün-alternative Menschen gelegentlich untereinander streiten und um der Vollständigkeit der Parteisatzung willen, ist auch ein Bundesschiedsgericht mit der Klammerbezeichnung „Friedensgericht” vorgesehen. Immerhin ist ja eine der wesentlichen Wurzeln der neuen Partei die Friedensbewegung...

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