Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Die neuen Probleme
Das klassische Proletariat war durch die Fabrikarbeiterschaft symbolisiert und repräsentiert gewesen. Im toten. Winkel der gesellschaftlichen Befundvornahme gab es aber Gruppen, die in ihren Lebens- und Konsumchancen oft noch den Fabriksarbeitern nachstanden: Die in der Landwirtschaft Beschäftigten und die Massen in den unterentwickelten Ländern. In einer Welt, die auch die Zonen des Elends transparent macht, kann die soziale Frage in den ehemaligen Kolonialländern und im Bereich der Landwirtschaft nicht übersehen werden. Die Fragen der Landwirtschaft, die sich sozialökonomisch relativ rückbildet, die Situation in den unterentwickelten Ländern (die auch eine landwirtschaftliche Frage ist) und die Übervölkerung in einzelnen Regionen, die zu einem großen Teil eine Angelegenheit der Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten darstellt, sind daher diesmal Gegenstand der Enzyklika.
Im Rahmen der Autorisierung der Landwirtschaft als einem auch sozialen Problem untersucht der Heilige Vater vor allem die Landflucht; diese scheint dem Papst nicht allein Ausweis objektiver Vorgänge zu sein, sondern ein Hinweis darauf, daß die Landwirtschaft ein darniederliegender Faktor geworden ist. Das gilt für den Produktivitätsstand je Kopf der in der Landwirtschaft Beschäftigten wie für die davon abgeleitete Lebensversorgung der landwirtschaftlichen Bevölkerung.
Um die relative Position der Landwirtschaft angemessen zu stärken, schlägt der Papst vor, unter anderem durch Errichtung von Transportwegen, durch sanitäre Versorgungsmaßnahmen und Ausbildungseinrichtungen (Infrastruktur) die ökonomischen Grundlagen der landwirtschaftlichen Erzeugung an jene der anderen Wirtschaftszweige anzupassen. Dieser Anpassungsprozeß kann durch eine entsprechende Wirtschaftspolitik unterstützt werden sowie durch spezifische fiskalische Maßnahmen. Da nun einmal das Je-Kopf-Einkommen in der Landwirtschaft (wenn auch nicht durchweg) gering ist, zieht der Papst eine Gleichstellung durch eine Umverteilung des Einkommens vermittels des Systems der Sozialversicherung in Er wägung. Innerhalb der Wirtschaftspolitik, soweit sie auf die Landwirtschaft bezogen ist, muß vor allem der Preisfi age -eine pflegliche Behandlung zuteil werden. Feststeht, daß die Preise der von der Landwirtschaft angebotenen Waren ein besonderes soziales Gewicht haben, was auch in den sozialen Preisen, die ja vornehmlich Agrarprodukte betreffen, zum Ausdruck kommt. Das darf aber kein Anlaß sein, den in der Landwirtschaft Beschäftigten auf Dauer zuzumuten, eine wirtschaftliche und ebenso eine gesellschaftliche Unterlegenheit auf sich zu nehmen, die auch in der Preisschere zum Ausdruck kommt.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!