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Die Zukunft der Landwirtschaft

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Die „Furche“ erwirbt sich ein Verdienst, wenn sie mit einem Beitrag über die Landwirtschaft zeigen will, daß sie deren Bedeutung richtiger erkennt und den Dingen des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenlebens aller Stände des Volkes tiefer auf den Grund gehen will, als dies in unserer Zeit im Zuge der öffentlichen Meinungsbildung geschieht.

Es ist leider so, daß über Wert und Bedeutung der Landwirtschaft meist nur gesprochen wird, wenn es um Lebensmittelpreise und um Geld im Haushalt des Staates geht. Das ist auch in den anderen Ländern der freien Welt so. Überall stehen sich die Meinungen gegenüber — soll man die Landwirtschaft, damit die Versorgung der Völker mit Nahrungsmitteln, dem freien Spiel der Kräfte des Marktes und der Geldwirtschaft überlassen, ohne zu fragen, wie es morgen gehen wird, oder soll man den Gesetzen der Natur doch noch den schuldigen Respekt zollen und die Landwirtschaft mit anderen Augen betrachten als Industrie und Handel?

Man ist auch überall schnell bei der Hand, das ganze Problem der Landwirtschaft mit dem Zauberwort „Agrarstrukturänderung“ lösen zu wollen. Dabei denkt man nicht daran, daß die „Struktur“ der Landwirtschaft in Jahrhunderten der Geschichte gewachsen ist und sich selbst fortlaufend in natürlicher Entwicklung selbst ändert. Genauso wie die Struktur der gewerblichen Wirtschaft. Dort und ebenso in der öffentlichen Verwaltung und Wirtschaft gäbe es nicht weniger an Strukturen zu ändern als in der Landwirtschaft.

Verwirrend wirken auch die Widersprüche in der weltweiten öffentlichen Meinung — auf der einen Seite Klagen und Vorwürfe gegen die „kostspielige Überproduktion“ an Nahrungsmitteln, auf der anderen die warnenden Rufe vor einer Hungersnot im Jahre Zweitausend. Dieser Widerspruch deckt den Kern des ganzen Problemes auf: Fruchtbarer Boden, um zehn und mehr Milliarden Menschen zu ernähren, ist genug auf dieser Erde und auch im Jahre Zweitausend wird noch die

Sonne scheinen und der Regen strömen — aber Bauemhände, die den Boden bearbeiten, werden dann nur da sein, wenn die Bauem- völker von heute erhalten bleiben und wirtschaftlich stark werden.

Diesen Erkenntnissen folgen die landwirtschaftlichen Organisationen und Körperschaften auch in Kärnten — nicht erst seit gestern, schon seit den ersten Tagen des Wiederaufbaues im Jahre 1945.

Kärntens Agrarstruktur zeigt von 31.000 Betrieben nur 12.500 „Vollerwerbsbetriebe“ — alle anderen sind kleinbäuerliche Familienbetriebe mit über- oder untergeordnetem „Zuerwerb“. Selbstverständlich streben wir auch in Kärnten, die mittleren Familienbetriebe durch „Aufstockung“ zu stärken und krisenfest zu machen. Aber wir schreiben die vielen tausend Kleinbetriebe auf den Bergen und in den Dörfern nicht ab. Die Klein- bauemhöfe und „bäuerlichen Heimstätten“ sollen auch in Zukunft das Bindeglied zwischen den Ständen in Stadt und Land bleiben — wirtschaftlich, sozial und menschlich.

Wir lassen uns nicht von nationalökonomischer Halbweisheit beirren, rationalistische Götzen anzubeten, um die Erzeugung zu stoppen — Kärntens Landwirtschaft hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten ihre Flächenproduktivität der Veredelungswirtschaft fast verdoppelt und die Arbeitsproduktivität um 80 Prozent erhöht. Sie hat damit den natürlich und historisch bedingten Rückstand gegenüber anderen Bundesländern weitgehend aufgeholt. Diesen Weg unbeirrt weiterzugehen, der jungen Bauerngeneration die Leistungsfreude in gesundem Optimismus zu erhalten, ist unsere vorderste Aufgabe. Uns soll man nach dreißig Jahren nicht nachsagen, wir hätten zu unserer Zeit versagt.

Die Zukunft der Marktwirtschaft hat auch in Kärnten schon lange begonnen. Die wirtschaftlichen Einrichtungen der bäuerlichen Selbsthilfe wurden in einer Weise ausgebaut, wie dies bis vor zehn Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre. Auch in Kärnten kann die bäuerliche Familie wirtschaftlich nur vom Markterlös leben. Dieser ergibt sich aus den drei Faktoren: Menge der absetzbaren Markterzeugnisse, Sachkosten der Erzeugung und Marktpreis. Da die Marktmenge nicht beliebig vergrößerbar ist'und die Preise der Betriebsmittel und Fremddienstleistungen nicht im Einflußbereich der Landwirtschaft liegen, entscheidet zuletzt doch der Marktpreis der landwirtschaftlichen Erzeugnisse über die absolute und relative Höhe des Arbeitslohnes der Bauemfamilie. Darum bekennt sich die Führung der Kärntner Landwirtschaft dazu, dem landwirtschaftlichen Erzeugerpreis — und damit dem Verbraucherpreis — di gleiche Elastizität der Anpassung an die allgemeine Entwicklung der volkswirtschaftlichen Preise und Löhne zuzubilligen, wie die anderen Gruppen und Stände sie für sich durchsetzen. Davon wird es entscheidend ab- hängen, ob unsere Enkel nicht nur „preiswert“ sondern auch gut und reichlich ernährt werden können.

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