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Oberösterreichs Landwirtschaft

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Zwischen der Entwicklung der Agrarwirt-schaft und dem landwirtschaftlichen Ausstellungswesen besteht zweifellos ein unverkennbarer Zusammenhang. Unterzieht man die Entwicklung der oberösterreichischen Landwirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg einer kurzen Betrachtung, so kann vorweg festgestellt werden, daß trotz wesentlich geringerem Arbeitskräftebestand und sinkendem Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung die Produktionsleistung an pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln beachtlich gehoben werden konnte. Auf einigen Sektoren der agrarischen Produktion stellt Oberösterreich ein namhaftes Exportkontingent.

Die natürlichen Erzeugungsbedingungen der Landwirtschaft sind in Oberösterreich sehr stark differenziert. Unterschiede bestehen sowohl in bodenmäßiger Hinsicht, in der Oberflächengestaltung, im Klima, aber auch in der Flurverfassung und in der Betriebsgrößenstruktur.

Von den Gesamtbetrieben Oberösterreichs liegen zirka 30 Prozent im Produktionsgebiet Mühlviertel, 58 Prozent im Alpenvorland und 12 Prozent im Voralpengebiet mit weitgehend alpinem Charakter. Somit hat eine relativ große Zahl von Betrieben ungünstige Produktionsbedingungen und naturgegebene Wettbewerbsnachteile gegenüber der Landwirtschaft in den Niederungsgebieten.

Die Betriebsgrößenstruktur der oberösterreichischen Landwirtschaft ist durch den großen Anteil an Betrieben unter fünf Hektar (47 Prozent) gekennzeichnet. Der überwiegende Anteil an klein- und mittelbäuerlichen Betrieben drückt ihr: den Stempel auf, verfügen doch von den Gesamtbetrieben rund 81 Prozent über eine Betriebsfläche von weniger als 20 Hektar, dennoch liegt die durchschnittliche Betriebsgröße etwas über dem österreichischen Durchschnitt.

Die sehr darniederliegende Landwirtschaft hat sich unter großen Anstrengungen in den Nachkriegsjahren verhältnismäßig rasch erholt. Auf dem Sektor der pflanzlichen Produktion konnten durch verbesserte Bodenbearbeitung, Verwendung von hochwertigem Saatgut und den Einsatz von Handelsdünger die Erträge gehoben werden. Der Verbrauch an Handelsdünger als Wertmesser für die Intensität der Bodennutzung entwickelte sich in Oberösterreich wie“ folgt“ (m Kilogramm Reinnährstoffen je Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche):

Jahr Stickstoff Phosphorsäure Kali Kall

1938 3,70 4,53 3,43 -

1959 12,60 26,67 24,09 40,52

Obwohl bei allen Viehgattungen mit Ausnähme der Hühner auch im gegenwärtigen Zeitpunkt der Vorkriegsstand noch nicht erreicht werden konnte, sind dank der .züchterischen Arbeit und der verbesserten Fütterung die tierischen Leistungen und das Produktionsvolumen sehr erhöht worden. Die Produktions- und M,arktleistung an Milch betrug in Oberösterreich:

Milcherzeugung )e Kuh und Jahr Marktleistung Jahr in 1000 Tonnen in kg in looo Tonnen

19^46 421 1350 213

1959 752 2541 423

Der erhöhte Leistungsumfang in der Vieh-wirtschaft kommt auch in der größeren Marktleistung an Fleisch sowie in der gestiegenen Ausfuhr von Zucht-, Nutz- und Schlachtrindern deutlich zum Ausdruck.

Diese Leistungssteigerung ist um1 so beachtlicher, als durch die konjunkturelle Entwicklung in den übrigen Wirtschaftsgruppen nach dem zweiten Weltkrieg gerade in Oberösterreich ein verstärkter Abwanderungsprozeß landwirtschaftlicher Arbeitskräfte einsetzte. Die Zahl der pflichtversicherten landwirtschaftlichen Arbeitskräfte ist in den letzten Jahren durchschnittlich um zehn Prozent pro Jahr gesunken. Dazu kommt aber auch ein nicht genau erfaßbarer Teil von familieneigenen Arbeitskräften, die in den vergangenen Jahren aus der Landwirtschaft abgewandert sind.

Den starken Aderlaß an leistungsfähigen Kräften konnte die Landwirtschaft nur dadurch überwinden, daß sie in verstärktem Maße technische Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung einsetzte. Eine überstürzte Mechanisierung war die Folge, die vielfach die finanzielle Leistungsfähigkeit der bäuerlichen Betriebe überschritt und zur Verschuldung oder übermäßigen Inanspruchnahme des Holzvorrates führte. Die hohen Maschinenkosten schmälern allerdings das Arbeitseinkommen der in der Landwirtschaft Tätigen sehr wesentlich.

Die Zahl der Traktoren ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Gegenwärtig sind in der oberösterreichischen Landwirtschaft rund 33.000 Traktoren im Einsatz und entfällt auf einen Traktor eine landwirtschaftliche Nutzfläche von zirka 20 Hektar. Ebenso ist die Zahl der Mähdrescher sehr angestiegen. Starke Zuwächsraten “zeigen auch Düngerstreuer, Motormäher, Heuerntemaschinen, Melkmaschinen und auch viele Haushaltsmaschinen.

Durch Fortschritte in der Agrartechnik, der Züchtung und Maschinenanwendung ist es der oberösterreichischen Landwirtschaft gelungen, die Produktivität, und zwar sowohl die Flächenproduktivität als auch die Arbeitsproduktivität, wesentlich zu steigern. Allerdings ist der Preisindex für landwirtschaftliche Betriebseinnahmen wesentlich hinter dem der Betriebsausgaben zurückgeblieben und die Preisschere zwischen Betriebsmittelpreisen und Agrarprodüktenpreisen hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr geöffnet. Demgemäß ist auch der Anteil der Landwirtschaft am Volkseinkommen ständig zurückgegangen (1954 = 16,2%, 1956 = 13,5%, 1959 = 11,4%). Diese Entwicklung hat in der landwirtschaftlichen Bevölkerung berechtigten Unmut hervorgerufen. Es ist zu hoffen, daß durch das Landwirtschaftsgesetz endlich eine gerechtere Relation zwischen Leistung und Löhnen für die landwirtschaftliche Bevölkerung gefunden wird.

Neben dem Fleiß und der Tüchtigkeit der bäuerlichen Menschen, der Tätigkeit der Berufskörperschaften und Interessenvertretungen, der Lehr- und Beratungsstellen und dem segensreichen Wirken der landwirtschaftlichen Genossenschaften sind an den erzielten Erfolgen der Landwirtschaft auch die verschiedenen landwirtschaftlichen Ausstellungen mitbeteiligt. Für die oberösterreichische Landwirtschaft sind es vornehmlich die großen Veranstaltungen in Wels und Ried im Innkreis, die besonders befruchtend gewirkt haben. Durch die große Besucherzahl aus bäuerlichen Kreisen hatten sowohl die Landmaschinenschauen, die Maschinenvorführungen, Tierschauen, landwirtschaftlichen Lehrschauen über Fütterung, Fruchtfolge, Düngung, Obst-, Garten- und Gemüsebau, aber auch über Bauwirtschaft und den Einsatz arbeitssparender Geräte im Haushalt sehr große Breitenwirkung. Gerade darauf aber, daß ein so großer Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung sich Anregungen bei solchen Veranstaltungen holt und Ideenaustausch mit Berufskollegen pflegt, ist unter anderem auch der hohe Leistungsstand der oberösterreichischen Betriebe zurückzuführen. Wels ist seit alters her ein landwirtschaftliches Zentrum und als solches im In- und Ausland bekannt. Möje auch die diesjährige Messeveranstaltung in Wels für die Landwirtschaft viel Positives bringen.

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