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Friedensschluß

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Vor genau 70 Jahren, am 24. März 1919;verließ ein Kaiser, der keiner mehr war, mit seiner Familie bei Feldkirch den Boden der Republik. Kaiser Karl verfaßte damals ein Manifest, in dem er „feierlichen Protest gegen alle Meine jahrhundertealten Herrschaftsansprüche verletzenden Maßnahmen“ erhob, die von der Regierung und der konstituierenden Nationalversammlung Deutschösterreichs vom 11. November 1918 an getroffen worden waren: Thronentsetzung und Landesverweis für alle Mitglieder des Hauses Habsburg-Lothringen.’

Am 11. November 1918 hatte Karl ein Manifest unterzeichnet, in dem es hieß: „Das Volk hat durch seine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften.“ Augenzeugen berichten, daß damals im Schloß Schönbrunn die Kaiserin Zita .flammte und glühte in Erregung und Entschlossenheit“. Niemals könne ein Herrscher abdanken, sagte sie.

Im sogenannten Habsburgergesetz vom April 1919 be- zeichnete sich dann die Republik kurzerhand als „Eigentümerin“ des beweglichen und unbeweglichen Vermögens der Großfamilie. Der Exkaiser starb 1922 auf Madeira an Lungenentzündung. Er war 35 Jahre alt und verarmt. Seine Witwe erhielt von der Republik weder eine Entschädigung noch eine Rente. „fur die Russen, die den Zaren samt Anhang ermordeten, begingen das Ende ihrer Monarchie noch radikaler.“ Das schrieb am 1. Jänner 1987 die Schweizer „Weltwoche“.

Noch fast ein halbes Jahrhundert nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie stürzte der Fall Otto Habsburg die Republik in ei- naf schwere innenpolitische Krise, und erst 1982 besuchte Kaiserin Zita Österreich zum ersten Mal offiziell.

Am 31. Mai 1961 hatte Otto Habsburg eine Verzichterklärung unterzeichnet. Was sich dann innenpolitisch abspielte, hat Günther Nenning damals als ,Habsburger- Kannibalismus“ charakterisiert: „)er Habsburger-Kannibalismus ist ein seltsamer Fall von Freßlust, wo garantiert nichts mehr zu fressen ist“, schrieb er.

Das alles sollte man sich vor Augen führen, wenn am 1. April die letzte Kaiserin in der Kapuzinergruft ihre letzte Ruhestätte findet. Es ist mehr als eine schöne Leich“. Es wird da auch ein wenig Frieden mit der Vergangenheit gemacht, mit einer Vergangenheit, der wir uns nicht zu schämen brauchen.

Daß aus diesem Friedensschluß nicht gleich ein Staatsbegräbnis wird - das freilich sollte zum selbstverständlichen Selbstbewußtsein der Republik und ihrer offiziellen Vertreter gehören.

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