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Recht muß Recht bleiben

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Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden! Mit Wirkung vom 31. Mai 1963 ist die Landesverweisung von Dr. Otto Habsburg-Lothringen aufgehoben. Die Tageszeitungen haben eingehend darüber berichtet. Die politischen Parteien haben ihre Stellungnahme abgegeben. Der österreichische Nationalrat wurde für Mittwoch, den 5. Juni, zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt: Debatte über die durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes hervorgerufene Situation.

Wenn diese Zeilen in Druck gehen, Ist das Ergebnis der außerordentlichen Sitzung des Nationalrats noch nicht bekannt. Diese Sitzung mag jedoch was immer bringen oder nicht bringen, „Die Furche“ wird dadurch nicht der Pflicht enthoben, schon jetzt zu den Ereignissen einen Standort zu beziehen, diesen zu begründen und den Lesern zur Überlegung zu stellen.

Jede Stellungnahme erfordert, die Dinge zu überblicken, Abstand von ihnen zu gewinnen, Zusammenhänge aufzuzeigen, die Ereignisse in ihrer jeistes- und gesellschaftsgeschicht-iichen Verknüpftheit zu sehen.

Leben mit der Geschichte

Da ist einmal die Gegenwart der Republik. Sie ist die Form des Staates, n dem wir leben und arbeiten, in lern unsere Kinder geboren und erlogen werden. Die Bejahung de* Selbständigkeit des Landes mit seinen leutigen Grenzen ist in den Jahren ieit 1945 ein Anliegen aller Öster-■eicher geworden. An den Wahlen, zu Jenen das Volk seit 1945 aufgerufen vurde, beteiligten sich fast alle stimm-serechtigten Staatsbürger und be-

zeugten gerade durch diese Mitwirkung die Existenz einer demokratischen Republik. Deren gegenwärtiges Staatsoberhaupt, ehemals Vorsitzender der Sozialistischen Partei Österreichs, Dr. Adolf Schärf, wurde mit 2,4 von 4,4 Millionen der abgegebenen und gültigen Stimmen gewählt. Die Zahl der ungültigen und nicht abgegebenen Stimmen hält sich in den gewohnten Grenzen der Wahlbeteiligung früherer Jahre.

Dieser eben beschriebenen Gegenwart gingen tausend Jahre österreichischer Geschichte voraus. 800 Jahre davon gestalteten Herrscher aus dem Hause Habsburg. Am Beginn steht im Jahre 1282 die Belehnung der Habsburger Albrecht und Rudolf mit den Herzogtümern Österreich und Steiermark durch Rudolf I., der im Jahre 1273 als erster einer langen Reihe aus dem Geschlechte der Habsburger zum deutschen König gewählt worden war. Die Dynastie Habsburg-Lothringen begründete Maria Theresia, die Tochter des ohne männliche Erben gebliebenen Karl VI., durch ihre Heirat mit Franz Stephan von Lothringen. Im Jahre 1806 legt Franz II. die römische Kaiserkrone nieder, beendet damit die seit Jahrhunderten ununterbrochene Folge von Habsburgern auf dem römischen Kaiserthron, hatte jedoch bereits 1804 Österreich zum Kaisertum proklamiert. Mehr als ein Jahrhundert später am 11. November 1918 erließ der damalige Kaiser Karl eine vom letzten kaiserlichen Ministerpräsidenten gekennzeichnete Kundmachung. In ihr erklärte Kaiser Karl, im voraus die Entscheidung anzuerkennen, die Deutschösterreich über seine zukünftige Staatsform treffen werde, und auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften zu verzichten.

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