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Ein Stück Geschichte

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Zita, die letzte Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, ist tot. Ein Kapitel österreichischer Geschichte, längst abgeschlossen geglaubt, ist beendet und tritt doch mit ihrem Tod den Nachkommen wieder mahnend in Erinnerung. Eine Frau,’die so völlig von „gestern“, aus einer anderen Welt zu sein schien, gibt der Nachwelt Anstoß zum Nachdenken.

Zu ihren Ahnen zählten Karl V. und Maria Theresia ebenso wie Ludwig XIV. Sie war sich ihrer französischen Abstammung ebenso bewußt

wie ihrer österreichischen Heimat. Aber die Gegenpropaganda nannte sie die Italienerin“, weil sie zufällig in Ligurien geboren war.

Sie hatte wie wenige Prinzessinnen ihrer Zeit das Glück einer Liebesheirat und stand ihrem Mann zur Seite bis zum bitteren Ende — aber ihre Feinde gaben ihr die Schuld, daß der junge Kaiser sich — sicher ungeschickt — bemühte, den Krieg für Österreich-Ungarn zu beenden.

Für sie wie für ihn war die Krone eine Aufgabe, eine Verpflichtung, deren man sich nicht durch Abdankung entledigen konnte — und sie gingen gemeinsam ins Exil, ohne Kompromisse zu schließen, die ihnen zumindest eine bequemere Verbannung gebracht hätten. Kaum mehr zu verstehen in einer Zeit, die ohne Kompromisse nicht mehr auskommt, nachdem kompromißlose Ideolo-

gien ihre verheerenden Wirkungen gezeigt haben.

Hitlers Einmarsch in Belgien entkam Zita mit ihren acht Kindern durch die Flucht in die USA. Hier gab sie ihren inzwischen erwachsenen Söhnen Rückendek- kung bei ihren Bemühungen, Österreich wieder erstehen zu lassen — und die Zweite Republik verbannte sie alle aufs neue. Was wäre wohl mit Österreich angesichts der Kuhhandel von Jalta und Potsdam geschehen ohne diese Bemühungen der Habsburger?

Als endlich der Verfas-

sungsgerichtshof, 63 Jahre nach den Habsburgergesetzen, zur Erkenntnis kam, daß Zita davon gar nicht betroffen gewesen wäre, ließ sich Bruno Kreisky dies als Geste der Großzügigkeit anrechnen …

Für die greise Kaiserin mag es ein letzter Triumph gewesen sein — sofern sie ihn noch bewußt aufnehmen konnte -, daß ihr Sohn Otto in Budapest umjubelt wurde — nicht als heimgekehrter König, sondern als Delegierter des Europaparlaments: als Repräsentant eines neuen, gemeinsamen Europas.

Eine Frau, die ihr unerschütterlicher Glaube an Gott und seine Vorsehung nie verlassen hat, Freud und viel Leid ungefragt annehmen und tragen ließ und Kraft gab, ihre Aufgaben so zu erfüllen, wie sie sie erkannte. Eine unmoderne Frau. Eine große Frau.

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