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„Herring“- Schmaus

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Unbekümmerte Lustigkeit und Schock haben im Klagenfurter Spielplan nebeneinander Platz: Neben Benjamin Britten, Peter Turrini, neben der Buffa „Albert Herring“ die betont vulgäre Provokation der „Rozznjogd“. Und beides in ausgezeichneter Interpretation durch Regie und Mitwirkende.

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Unbekümmerte Lustigkeit und Schock haben im Klagenfurter Spielplan nebeneinander Platz: Neben Benjamin Britten, Peter Turrini, neben der Buffa „Albert Herring“ die betont vulgäre Provokation der „Rozznjogd“. Und beides in ausgezeichneter Interpretation durch Regie und Mitwirkende.

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Was Maupassant im „Tugendpreis“ auf knapp 20 Seiten sagte, hat Eric Crozier gewandelt und aiutf vier Bilder verteilt, und Benjamin Britten hat daraus die komische Oper ,^Albert Herring“ werden lassen, der er all seine schöpferische Kraft und klingenden Humor einfügte. Was er instrumentierend ln die Partitur goß, wurde 14 solictischen Musikern anvertraut, denen es auifgetragen war, illustrierend, untermalend, wohl- und vollklimtgend Rezitatlve, Ensemblesätze, Soli, Arie und Kanon mit aller Farbigkeit laut werden zu lassen. Zuweilen Parodie der großen Oper, dann wieder Prägung eigener Münze. Man hat seine Freude daran und folgt dem tumiben Gemüse- handlungsgehilfen Herring, dem der Tugendpreis der Stadt zufällt, weil es keine weibliche Konkurrenz gibt, durch das Abenteuer, in das er hineinschlittert. Unter Robert Filz- wiesers Stabführung, in der Regie des Gastes Günter Lohse und in der farbigen Ausstattung durch Peter Manhardt geriet’s aufs Beste, weil man ein Ensemble zur Hand hatte, dem Stimme und Spiel gegeben war, wenn auch nicht allen die wünschenswerte Deutlichkeit des Wortes. Immerhin errang der Titelträger Kammersänger Edgar Wählte mit seinem Albert einen durchschlagenden Erfolg.

Im Studio wurde Turrinis „Rozznjogd“ veranstaltet und von einem weit über Studiobesuch hinausgehenden Publikum, das sich schon vorher zur Begeisterung verpflichtet fand, als Ereignis gefedert und als Genietat gewertet. Nach dem Wiener Volkstheater hatte auch Klagenfurt dem Maria-Saaler Autor das mehr als freie Wort erteilt und alles hingenommen, was dieser im Pülcherjargon zu vermelden wußte. Daß Turrini, der in der Mundartnachfolge der Bauer & Co. wirkt, vermutlich mehr zu geben vermöchte als einen Sex-Slang und eine Reduzierung des Menschen auf seine buchstäbliche letzte Nacktheit — man tat sich in dieser Hinsicht keinen Zwang an, nur verstand es der ausgezeichnete Regisseur Tdmds Ferkai durch Licbtzerhackung den Voyeuren den Anblick zu stören — darf angenommen werden, obwohl angekündigte Titel „Zero-Zero“ und „Sauschlachten“ noch einiges auf der glel chen Linie erwarten lassen. Gundt König und Georg Trenkwitz unter zogen sich mit Hingabe der Aufgabe den Text und das Geschehen rum um den Mülihaufen gekonnt zu ver mittein. Die Rozzn im Parkett juibel ten lind merkten nicht, daß Fldm/tei auf sie gerichtet waren. Tnotzderr soll man daraus keine Treibjagc machen.

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