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Holzweg als Baujuwel

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Dort, wo der Böhmerwald das dunkle Grün mit hellen Steinen und klaren Bächen tauscht, verbirgt sich - bemoost und veI'Wachsen - eine technische Großtat früherer Ingenieur- Kunst.

Es sollte für die damalige Zeit eine Pionierleistung ersten Ranges werden, als der Architekt und Baumeister Josef Rosenauer im Jahre 1771 daranging, im Auftrag des Fürsten Schwarzenberg einen Kanalbau zu projektieren, um die Wasserscheide Elbe-Donau zu überwinden und den südböhmischvorderösterreichischen Raum mit der Haupt-und Residenzstadt Wien zu verbinden.

1774 legte er dem Fürsten fertige Pläne vor. 46 Kilometer waren zu verbauen, zahllose Schleusen mußten wegen der Höhenunterschiede eingeplant werden. Aquädukte waren notwendig, außerdem mußte ein 400 Meter langer Kanaltunnel vorgesehen werden.

1789 wurde mit dem Kanalbau begonnen, Hunderte Arbeiter und Taglöhner waren beschäftigt. Der Bau schritt zügig voran und die prognostizierten J{osten, eine astronomiscbe Summe für die damalige Zeit, konnten - wir Nachfahren könnten uns ein Beispiel nehmen - ziemlich eingehalten werden: 100 Gulden waren es pro Baumeter, mehr als vier Millionen Gulden insgesamt. Zum Vergleich: ein Metzen Gerste, das sind 64,5 Kilogramm, kostete damals einen Gulden.

1812 war das Werk fertig. Der Tunnel und vor allem die Kanalüberführungen waren - auch für heutige Begriffe- Glanzleistungen.

Der Kanal, der zum Großteil heute noch besteht, führte aus dem Raum Oberplan, der Heimat Adalbert Stifters, in einem Bogen durch das

heutige Mühlvier:tel zur Großen Mühl und weiter zur Donau. Heute wird die Kanalanlage zweimal durch die CSFR-Grenze geteilt, sehenswerte, noch erhaltene Bauten sind daher nicht auf österreichischem Gebiet.

Im Bereich der oberösterreichischen Gemeinde St. Oswald bei Haslach wurde der Kanal vorbildlich restauriert und wird auf mehreren . Kilometern von einem gut markierten Wanderweg, der seinen Ausgang im Ortszentrum von St. Oswald nimmt, begleitet. Über · große Strecken verläuft der Kanal direkt entlang der. Staatsgrenze.

Die Route führt über die B 127 nach Rohrbach, dann über die B 128 Richtung Haslach; von Haslach führt eine Bezirksstraße nach St. Oswald (Parkplatz nächst der Kirche). Der Rundwanderweg zum Schwarzenberg- Kanal ist gut beschildert, führt streckenweise direkt am Kanal entlang, der ????lbst in Abschnitten gänzlich auf CSFR-Gebiet liegt (Für das Abkommen vom Weg jedenfalls einen Reisepaß mitführen!). Nach dem Rundgang von St. Oswald über die Bezirksstraße nach Schlägl, :weiter nach Aigen im Mühlkreis. Vondortfährtn;ian Richtung Ulrichsberg und biegt in Salnau (oder Klaffer) rechts ab, immer dem grünen Hinweisschild „Hochficht" folgend. Vom Hochficht-Parkplatz führt eine weiß-gelb-weiße Ma_rkierung gut gekennzeichnet zumGrenzübergang. Esistein„grüner" Grenzübergang nur für österreichische und tschecho-slowaki· sehe Staatsbürger (täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet). Auf CSFR-Gebiet der weiß-grünweißen Markierung bis zum Plökkensteinersee {Plöckenstejn skejezero) folgend und um diesen herum, wobei auch das Adalbert StifterDenkmal besichtigt werden kann. Der Schwarzenberg-Kanal, der nordwestlieh von Hirschbergen (Jeleny) beginnt, führt etwa eineinhalb Kilometer weiter östlich vorbei. Ein direkter Zugang zum Kanal ist nur von Nova Pec (Olberg), das am Lipno-Stausee liegt (Anfahrt über den Grenzübergang Bad Leonfelden), möglich. Im Mühlviertel ist der Kanal außerdem noch von Schöneben über Sonnenwald Richtung„ Trautwald " auf der sogenannten Kanalstraße zu erwandern.

Nördlich von Aigen-Schlägl kann. man die Anlagen noch in der sogenannten Bayerischen Au und an der Kanalstraße nach Sonneben sehen. Die „technischen Zuckerln" wie Tunnelbauten oder Aquädukte liegen zwischen dem Moldau-Stausee vön Lipno und der Grenze auf CSFR-Seite.

Der Kanal, 1 ,2 bis eineinhalb Meter tief, warzurGänzemit Steinplatten ausgelegt. Mehr als 1.200 Personen waren notwendig, um den Schwemmbetrieb, die Schleusenwartung und den ungehinderten Wasserdurchfluß aufrechtzuerhalten.

Die Schwemmzeit für Holz betrug vom Kanalbeginn bis zur Donau einen Tag, von der Einmündung bis Wien, das es mit Nutz- und Brennholz .zu versorgen galt, weitere sechs Tage.

Der Kanal war ein Erfolg - bis durch die 1888 eröffnete Mühlkreisbahn den Flößern und Schwemmern neue Konkurrenz erwuchs. Zwar versuchte Fürst Schwarzenberg noch fünf Jahre den Betrieb zu halten, doch 1892 kam das Aus. Unrentabel.

Die nicht mehr gewarteten Anlagen begannen zu verfahen, Teilabschnitte wurden aber noch bis in die dreißiger Jahre genutzt.

Wo früher eine schnelle Strö„ mung die Holzmassen gegen Wien schwemmte, steht jetzt zwischen bemoosten Ufersteinen brackiges Wasser. Kein geschäftiges Treiben mehr, dafür erholsame Ruhe.

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