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KIRCHENBEITRAG: RICHTIGE HOHE

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Gäbe es über dem Kirchenbeitrag hinaus nicht noch viele Spenden und jede Menge unbezahlte Arbeit, wären die Kirchen, ob römisch-katholische oder evangelische, arm dran.

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Gäbe es über dem Kirchenbeitrag hinaus nicht noch viele Spenden und jede Menge unbezahlte Arbeit, wären die Kirchen, ob römisch-katholische oder evangelische, arm dran.

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Die Frage der Kirchenfinanzierung ist - wie bereits Berichte des Alten Testaments zeigen-stets Gegenstand von Diskussionen gewesen. Fast jedes Land hat heute sein eigenes, historisch gewachsenes System. Ein genauer Blick auf die einzelnen Varianten zeigt, daß jedes System Vor- und Nachteile bietet.

In Österreich beträgt der Kirchenbeitrag der römisch-katholischen Kirche 1993 1,15 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens abzüglich eines Absetzbetrages von 480 Schilling (evangelische Kirche: 1,5 Prozent minus 600 Schilling, zuzüglich Gemeindeumlage). Der Beitragsprozentsatz ist ganz bewußt in den letzten Jahren wiederholt herabgesetzt worden und zusätzliche kirchliche Freibeträge sind vorgesehen worden, um durch den Pflichtbeitrag keine zu hohe Belastung zu bewirken. Bei einer im Dezember 1992 im Auftrag der Zeitschrift „profil" durchgeführten Umfrage haben 39 Prozent der Österrei-

cher die Höhe des Kirchenbeitrags als „gerade angemessen" bezeichnet; ein gutes Umfrageergebnis, wenn man bedenkt, daß wohl niemand gerne Beiträge und Abgaben bezahlt.

Die Bedeutung des Kirchenbeitrags für die österreichischen Diözesen zeigt der Jahresabschluß 1992 der Erzdiözese Wien (siehe Kasten), der in seiner Struktur der Abrechnung der anderen Diözesen entspricht.

Den bedeutendsten Kostenfaktor bilden die Personalausgaben mit insgesamt rund 60 Prozent des Diöze-sanbudgets. In der Erzdiözese Wien sind rund 900 Priester und fast 1.000 Laien, die in der Pfarrseelsorge oder anderen diözesanen Einrichtungen arbeiten, angestellt. Darüber hinaus sind 1.200 Personen direkt in den 659 Pfarren angestellt: 550 in den kirchlichen Kindergärten und 650 als Pfarrsekretäre (-Sekretärinnen), Mesner und so weiter. Die jährlichen Gehaltszahlungen für die mehr als 3.000 Angestellten belaufen sich in der Erzdiözese Wien derzeit auf rund 800 Millionen Schilling.

Über die Verwendung der diözesanen Gelder entscheidet selbstverständlich nicht der Diözesanbischof allein, sondern gemeinsam mit den entsprechenden diözesanen Beratungsgre-

mien: dem Diözesankirchenrat, dem in Wien vier Priester und neun Laien angehören, dem Wirtschaftsrat, in dem die Wiener Vikariate durch die nach Wahl bestellten Bischofsvikare vertreten sind, und dem Domkapitel. Jeder Budgetvoranschlag und jede Jahresabrechnung muß diesen drei Gremien zur Prüfung und Diskussion vorgelegt werden. Die fachliche Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens wird j ährlich durch einen beeideten Wirtschafts- oder Buchprüfer kontrolliert.

Trotz der Bedeutung des Kirchenbeitrags für die Finanzierung der kirchlichen Arbeit schafft der Pflichtbeitrag nur die unverzichtbare Grundlage für Seelsorge und kirchliche Hilfswerke. Darüber hinaus sind Spenden und ehrenamtliche Mitarbeit die tragenden Säulen der österreichischen Kirchenfinanzierung. Ob es um die Kirchenrenovierung, die neue Orgel oder die Flüchtlingshilfe geht - die aktiven Mitglieder der Pfarrgemein-de leisten ihren unverzichtbaren, speziell einer Aufgabe gewidmeten zusätzlichen Beitrag, ohne den der Kirchenbeitrag ein Vielfaches des heutigen Betrages ausmachen müßte.

Die Autorin ist Direktorin der Finanzkammer der Erzdiözese Wien.

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