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Der Wohlfahrtsstaat ist schuld?

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Die Industriestaaten haben in den letzten zehn bis 15 Jahren gewaltige öffentliche Schulden angehäuft. Mehrere EU-Länder sehen derzeit nicht, wie sie die darauf bezogenen Maastricht-Kriterien erfüllen können, „sie sind in der Schuldenfalle”, schreibt der Schweizer Finanzwissenschaftler Walter Wittmann in seinem Buch „Das Globale Desaster”. Seine Kritik gilt in erster Linie der praktizierten Budgetpolitik. Die hervorragende Ursache der Strukturdefizite in den Industrieländern sei der Wohlfahrtsstaat.

Bei den Sozialausgaben müsse man vom Umlageverfahren wieder zur Kapitaldeckung zurückkehren, heißt es da. An die Stelle der Objektförderung-von Krankenhäusern und Universitäten bis zur Arbeitslosenversicherung - müsse die Subjektförderung der wirklich Bedürftigen treten: „Nur so lassen sich Mißbräuche beseitigen, die den Sinn und Zweck des Sozialstaates pervertieren.”

Die antizyklische Budgetpolitik, so der mit den öffentlichen Finanzen zweifellos sehr vertraute Autor, hat sich nicht bewährt, weil sie zu spät greift und dann kontraproduktiv wirkt. Der Staat darf sich nur für Investitionen verschulden, nicht für laufende Ausgaben; deshalb der Vorschlag einer strengen Trennung in das laufende und das Kapitalbudget. (Vor wenigen Jahrzehnten war bei uns diese Trennung in den ordentlichen und außerordentlichen Staatshaushalt noch selbstverständlich!)

Dieses sachkundige Eintreten für vernünftige Grundsätze in der öffentlichen Finanzpolitik, für Privatisierung staatlicher Einrichtungen, für den konsequenten Abbau von Subventionen und nicht mehr zeitgemäßen Steuern sowie für Rodung in der Bürokratie ehrt den Verfasser des Buches, nur gehen leider manche seiner Forderungen an der politischen Realität im demokratischen Staatswesen von heute vorbei. Man kann ihm aber wünschen, daß sie wenigstens zum ernsthaften Denkanstoß werden.

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