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Die unsichere Zukunft der Blauhelm-Missionen

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Österreichs Rolle bei künftigen UNO-Friedensmissionen ist ebenso ungewiß wie die Zukunft der Vereinten Nationen in der Rolle des Friedensstifters.

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Österreichs Rolle bei künftigen UNO-Friedensmissionen ist ebenso ungewiß wie die Zukunft der Vereinten Nationen in der Rolle des Friedensstifters.

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Bombenstimmung im „Camp Faour", dem Basislager des österreichischen UNO-Blau-helm-Kontingents am Golan: der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Thomas Klestil, ist angesagt. Freibier (von der AUA gratis eingeflogen) und Brötchen sind der Lohn für vier Tage Putzen, Waschen und Schrubben. Vollends zum Überkochen kommt die Stimmung, als Klestils Gastgeschenk, eine Gitarre, mit heimatlichen Liedern - Fendrich- und Ambros-Songs - eingeweiht wird. Die Soldaten singen begeistert mit und der Oberbefehlshaber wippt anerkennend im Takt (siehe Bild oben).

Ein Idyll am Golan, das die UNO-Blauhelme, allesamt Freiwillige, trotz des zuweilen „sehr, sehr harten Dienstes bei 45 Grad im Sommer und bei Minus 15 Grad und eisigen Stürmen im Winter am Mount Her-mon" (Klestil) zu schätzen wissen. „Derzeit ist es am Golan sicher am angenehmsten", meint ein Unteroffizier im RmcHE-Gespräch: „Weil in Zypern müssen wir ja jetzt den Abschnitt der abgezogenen Kanadier mitbetreuen. Da kommen ziemlich viele Dienste zusammen."

Was Klestil im „Camp Faour" nicht erwähnte: bei seinem Staatsbesuch in Syrien wurde in den Delegationsgesprächen - auch zwischen dem Bundespräsidenten und Syriens Staatschef Hafes Assad - darüber diskutiert, ob Österreichs Blauhelme auch nach Beendigung der UNO-Mission als Friedenstruppe in der Region verbleiben sollten.

Dies würde freilich eine vollkommene Kursänderung von Österreichs Außenpolitik bedeuten: denn bislang sind Friedenseinsätze ausschließlich auf Anfrage einer internationalen Organsiation (der UNO) und nach Beschluß des Ministerrates und des Nationalrats-hauptausschusses möglich. Für ein Abgehen von dieser Praxis wäre ein neues Verfassungsgesetz erforderlich.

Im Wiener Verteidigungsministerium weiß man (zumindest offiziell) noch nichts über die in Damaskus (inoffiziell) diskutierten Themen. Vorrangig sei jedenfalls die Schaffung von Bundesheereinheiten, die künftigen Blauhelm-Einsätzen gewachsen sind. Die ersten zu diesem Zwecke bestellten Pandur-Radpan-zer von Steyr werden noch heuer übernommen, bis 1994 sollten genügend Einheiten ausgerüstet sein, um allfälligen UNO-Anfragen nach-konunen zu können.

Die Zukunft und die Sinnhaftig-keit von UNO-Friedenseinsätzen sind in der heimischen Innenpohtik ebenso brisante Themen wie in der Weltpolitik, wie die jüngsten um- Ukraine oder Pakistan überlassen." strittenen Blauhelm-Missionen in Somaha und Bosnien-Herzegowina gezeigt haben. Dazu kommt noch die Verärgerung bei UNO über jüngste Absagen Österreichs.

ÖVP-Außenpolitiker Andreas Khol sieht jedenfalls die Sicherheits-

Colitik der UNO ebenso in einem Jmgestaltungsprozeß wie jene Österreichs: „In erster Linie notwendig ist ein entsprechend ausgerüste-teter Teil des Bundesheeres, der dem UNO-Plan von ständig abrufbereiten Friedenscorps entspricht. Sollten wir das auch nicht schaffen, wird der Imageverlust für Österreich nach den jüngsten Absagen ein gewaltiger sein."

Auch Grünen-Parteisprecher Peter Pilz hielte es für vernünftig, „wenn das Bundesheer jene Teile, die noch funktionieren, der UNO zur Verfügung stellt. Dadurch hätte das Bundesheer zumindest einen gewissen Sinn."

Khol kritisiert auch, „daß sich in Österreich anscheinend noch niemand Peter Pilz Gedanken über die künfti-s sicherheil;spolitische olle macht". Er rechnet aber damit, daß spätestens nach der Nationalratswahl eine intensive Debatte ausbrechen wird, ebenso über die Wehrpflicht und die „Professionalisierung' des Heeres: „Das muß sich im nächsten Regierungsprogramm niederschlagen." Dies betreffe auch die Beteiligung Österreichs an UNO-Einsätzen: „Gerade von unserer Tradition heraus können wir das doch nicht der

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