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Eine Frage der Ethik

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Sparparolen im Zuge der Budgetkonsolidierung in unserem Land dürfen die untragbar gewordene Schuldenlast der ärmsten Entwicklungsländern nicht vergessen lassen, fordert die „Initiative 96 Entschuldung" von der österreichischen Bundesregierung. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, läuft bis 31. Oktober 1996 eine Unterschriftenaktion, zu der am 10. Jänner, am Michaelerplatz in Wien, der Startschuß gegeben wurde. Tausend gelbe und rote Luftballons hellten für kurze Zeit den grautrüben Winterhimmel über Wien mit bunten Farbklecksen auf. Sie trugen Postkarten mit den Forderungen der „Initiative 96 Entschuldung", die jeder Österreicher mit seiner Unterschrift unterstützen sollte, so der Wunsch der Organisatoren.

Getragen wird die „Initiative 96 Entschuldung" von folgenden Organisationen: Entwicklungszusammenarbeit mit der Dritten Welt GesmbH (EZA), Greenpeace Österreich, Österreichischer Informationsdienst für Entwicklungspolitik (ÖIE), Evangelischer Arbeitskreis für Weltmission (EAWM) und Koordinierangsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO). Darüber hinaus haben mehr als 90 österreichische Organisationen ihre Unterstützung angeboten, darunter die Österreichische Hochschülerschaft, der ÖGB, die Caritas, der WWF, das Kreisky-Forum und das Klimabündnis.

Die Aktion läuft bis 31. Oktober 1996. Am Ende werden die gesammelten Unterschriften der österreichischen Bundesregierung übergeben, von der man sich umfassende Entschuldungsmaßnahmen für die „Hungerhäuser" der Welt erwartet.

Die öffentlichen Forderungen Österreichs an die Entwicklungsländer in Afrika, Asien und Lateinamerika betragen rund 140 Milliarden Schilling. Zum größten Teil handelt es sich dabei um Schulden aus geförderten Exportkrediten (Stand 1994 rund 137 Milliarden Schilling). Der geringere Teil stammt aus Entwicklungshilfe-Kredite (Stand 1994 rund 2,2 Milliarden Schilling).

„Was die fälligen und nicht bedienten Exportkredite betrifft, hat Österreich bisher wenig getan", meint Helmut Ornauer, Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO). Österreich habe lediglich an den Umschuldungsver-handlungen im Rahmen des Pariser Clubs teilgenommen. Das führte 1993 zu Zinsenreduktionen gegenüber 13 Entwicklungsländern von rund 80 Millionen Schilling.

Der 1995 von Bundeskanzler Franz Vranitzky am Weltsozialgipfel in Kopenhagen angekündigte Schuldenerlaß von Entwicklungshilfe-Krediten in Höhe von einer Milliarde Schilling, im Laufe von drei bis vier Jahren, sei eine an sich positive Initiative, jedoch noch nicht in die Tat umgesetzt.

Für den österreichischen Staat, rechnet Ornauer vor, würde die Streichung von insgesamt 1,2 Milliarden Schilling Entwicklungshilfe-Krediten in den nächsten fünf Jahren — deren Rückzahlungen sowieso sehr unwahrscheinlich sind — einen Zinsenverzicht von weniger als 20 Millionen Schilling jährlich bedeuten.

Damit wären die Entwicklungsländer aber erst aus dem Gröbsten heraus. Eine weitere Forderung der „Initiative 96 Entschuldung" zielt daher auf günstige Neukredite in Höhe von 50 Millionen Schilling. Damit soll der Import österreichischer Produkte finanziert werden, die für die Entwicklung des Landes wichtig sind. „Insgesamt schlagen wir vor, daß von der Bundesregierung in den kommenden Jahren jährlich mindestens 100 Millionen Schilling zusätzliche Mittel für Entschuldungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden", so Helmut Ornauer, als Vertreter der Trägerorganisationen.

An Aktivitäten im Rahmen der Kampagne „Initiative 96 Entschuldung" sind neben der Postkartenaktion, die vor einigen Tagen mit den bunten Luftballons startete, österreichweit, Bildungsaktivitäten geplant.

So wird es von den kirchlichen, insbesondere den katholischen Organisationen, ein zweijähriges entwicklungspolitisches Bildungsprogramm zum Thema Ver- und Entschuldung geben, das Ursachen und Auswirkungen aber auch Lösungsansätze der Dritte-Welt-Verschuldung behandeln wird. Veranstaltungen des ÖIE und seiner Regionalstellen, wie etwa eine Nord-Süd-Enquete in Tirol oder die entwicklungspolitischen Hochschulwochen in Salzburg, werdenn ebenfalls dieses Thema behandeln.

Informationen zur „Initiative 96 Entschuldung" können auch über Internet abgefragt und dabei gleich eine Unterstützungserklärung ausgefüllt werden.

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