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Entwicklungshilfe und Indexkosmetik

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Österreich liegt mit seinem staatlichen Beitrag für Entwicklungshilfe von 0,11 Prozent des Bruttona-tionalprodukts an letzter Stelle aller OECD-Länder, berichtet die Statistik für 1976. Von dieser „negativen Führungsposition“ auf die Einstellung der Bundesregierung zu schließen, wäre ein Leichtes.

Wie aber steht nun der Österreicher selbst zur Entwicklungshilfe? Ist für ihn die Travnicek-Haltung -„Was brauch i dös?“ - typisch? Nach Aussagen von Bundeskanzler Bruno Kreisky und anderen Regierungsmitgliedern wäre man gezwungen, dies zu glauben: Der Österreicher sei eben noch nicht so weit, um Verständnis für derartige Probleme aufzubringen.

Eine Antwort auf diese Frage gibt jedoch die Studie „Der Österreicher und die Entwicklungshilfe“, die das österreichische Forschungsinstitut für Entwicklungshilfe (ÖFSE) kürzlich präsentiert hat: In den letzten Jahren befürworten immer mehr Österreicher die Unterstützung von Ländern der Dritten Welt: Waren es 1974 nur 49 Prozent, so sind es 1978 immerhin schon 62 Prozent. Ein Drittel der Befragten spricht sich sogar dann für Entwicklungshilfe aus, wenn dies auch mit Einbußen ihres Lebensstandards verbunden wäre. Der Österreicher steht der Entwicklungshilfe gar nicht so abweisend gegenüber, wie dies manche Zeitungskommentatoren gelegentlich behaupten.

Dies zeigt auch das hervorragende Ergebnis der Dreikönigsaktion: Die Buben und Mädchen der katholischen Jugschar sammelten 1978 über 40 Millionen Schilling, was eine Steigerung von mehr als acht Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Der Erlös dieser Aktion wird ausschließlich zur Finanzierung von Projekten in Entwicklungsländern verwendet.

Bekräftigt wird diese Tendenz zu einer Änderung auch durch eine Umfrage des IMAS-Institutes in Linz, wer die Vorbilder des Österreichers seien: Der Entwicklungshelfer rangiert mit 23 Prozent im Mittelfeld.

Nun liegt aber Österreich in der neuesten Statistik der OECD von 1977 plötzlich an viertletzter Stelle mit 0,24 Prozent des Bruttonatio-nalprodukts. Ist diese letzte Statistik der Seismograph für eine veränderte Haltung der Regierung? Eine Analyse des Ergebnisses bestätigt diese Annahme jedoch nicht.

Was ist der Grund für diesen „gewaltigen Sprung“ nach vorne? Einzig und allein die „Korrektur“ der Statistik in zwei wesentlichen Punkten: Exportkredite, die in die Kategorie der „weichen Kredite“ fallen, können nun ebenfalls als EntwicklungshUfe deklariert werden. Die „Weichheit“ eines Kredits wird durch die Höhe der Verzinsung, die Länge der Laufzeit und der rückzahlungsfreien Periode bestimmt) Darüber hinaus wird auch der Anteil, den die Studenten aus Entwicklungsländern am allgemeinen Hochschulsubventions-budget einnehmen - es handelt sich um ungefähr 3000 - jetzt in der Statistik berücksichtigt. Ist das aber wirklich Entwicklungshilfe?

Eine weitere Studie des ÖFSE, „Bildungshilfe für Entwicklungsländer in Österreich“, befaßt sich mit dieser Frage. Die Ergebnisse sind im Detail noch nicht bekannt, werden aber voraussichtlich Ende dieses Jahres vorliegen. Hermann Krobath, der Leiter dieses Projekts, meint, daß die Aufwendung für Studenten aus Entwicklungsländern „unter einem sinnvollen Aspekt der Entwicklungshilfe nicht subsumiert werden kann“.

Wieweit die Ausbildung von Asiaten und Afrikanern nach den österreichischen Studienordnungen der Entwicklung jener Länder hilft, darauf wird diese Studie eine Antwort geben. Die Indexkosmetik allein aber bedeutet noch lange nicht eine Intensivierung der Unterstützung für Länder aus der Dritten Welt.

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