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Schmerzhaftes Ende des Wichstums

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Wie ein Keulenschlag traf ein Rundschreiben der Entwicklungshilfesektion im Bundeskanzleramt Österreichs Entwicklungshelfer: Laut Regierungsbeschluß soll in allen Bereichen im nächsten Jahr um fünf Prozent weniger budgetiert werden. Helmuth Hartmayer von der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungszusammenarbeit schlägt Alarm: „Die Erhöhung der technischen Hilfe ist in Gefahr.“ Wie das Budget für 1995 ausschauen wird, weiß niemand, weil die Entwicklungshilfe noch gar kein Thema bei den nicht enden wollenden Koalitionsverhandlungen war. Hartmayer bangt um den Aufbau der vergangenen Jahre: „Die Entwicklungshilfeszene ist an der Kippe sich zu konsolidieren. Es wäre klug, den Strukturaufbau nicht durch Budgetkürzungen zu gefährden.“ Hermann Schaller vom österreichischen Entwicklungsdienst sieht sogar konkrete Projekte gefährdet: „Das heißt, daß wir Leute, die im Einsatz sind, zurückholen müßten.“

Die österreichische Regierung hatte in den vergangenen Jahren die immer wieder vorgebrachte Kritik an der Entwicklungspolitik beherzigt und von 1987 bis 1991 die als" öffentliche Entwicklungshilfe ausgewiesenen Ausgaben von 2,5 Milliarden Schilling auf 6,4 Milliarden Schilling erhöht.

Zwar stagniert seither die Gesamtsumme der Entwicklungshilfe, aber die Qualität wurde verbessert. Von der oft kritisierten „gebundenen öffentlichen Kredifinanzierung“ (Exportkredite) wurden 1991 1,8 Milliarden als Entwicklungshilfe ausgewiesen, 1995 nur noch zu 800 Millionen Schilling. Gestiegen ist dagegen die „technische Hilfe“, die vom Bundeskanzleramt effektiv als Entwicklungshilfe gestaltet werden kann, von 604 Millionen Schilling im Jahre 1991 auf 1.092 Millionen Schilling im Jahre 1993.

ZU RASCH EXPANDIERT

Die Entwicklungshilfeorganisationen konnten endlich ihre Projektarbeit wesentlich ausweiten. Mit der Austrian Association for Development and Co-Operation (ade), die sich binnen zwei Jahren zum größten Projekteorganisator mauserte, und dem Nord-Süd-Institut wurden sogar neue Durchführungsorganisationen ge schaffen. Die von der Regierung in Aussicht gestellt Forcierung der Entwicklungspolitik verleitete zu optimistischen Plänen: Neue Projekte wurden gestartet, die auch in den nächsten Jahren Geld brauchen werden.

Georg Lennkh, Leiter der Entwicklungshilfesektion im Bundeskanzleramt, kann der Krisenstimmung wenig abgewinnen. Die fünfprozentige Unterbudgetierung sei bloß eine Regel des Finanzministeriums für die Staatsverwaltung, die dazu diene, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, daß mehr Geld da sei. Am Ende des Budgetjahres würden die fünf Prozent doch noch frei- gegeben. Lennkh glaubt nicht an eine Kürzung, denn für die Budgetkonsolidierung sei die Entwicklungshilfe bloß eine Lappalie. Noch wurde aber darüber nicht verhandelt.

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