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Neue Kirchen in Tisis und Muntlix

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Für den Architekten ist es wohl die schönste Aufgabe, mit dem Auftrag eines Kirchenbaues betraut zu werden. So erhaben sie ist, so schwer ist sie auch, weil nicht nur eine funktionelle Lösung, sondern vor allem eine geistige Richtung und Gestaltung gefordert wird. Das Funktionelle mit dem Geistigen harmonisch zu verbinden, verlangt dem Planer seine größte seelische Verausgabung ab, wenn die Kirche ihren Zweck erfüllen soll: Sie muß den Besucher mit Gott verbinden, und ihm innere Ruhe geben.

Durch die städtebaulichen Voraussetzungen, wie Lage des Baugeländes in Größe, Form und Neigung, ergeben sich für den Architekten jeweils die Gründe, seine Kirche zu konzipieren. Die Baumassenelemente hierfür sind das Kirchenschiff, der Turm und der Sakristeianbau mit allen seinen neuzeitlichen Nebenräumen. Die Gliederung zueinander in Form und Maß ergibt den Rhythmus der Gesamtplanung: eine Kirche, die Herberge Christi und feierliche Opferstätte für den Allmächtigen sein soll. Raumgestalterisch ist man der Meinung, daß die ursprünglichsten Architekturelemente allein sprechen müßten: Raum in seiner Dimension, Fensterloch zur Mauerfläche und vor allem Spiel zwischen Licht und Schatten. Auf den Dekor der vergangenen Stilepocflen wird in der heutigen Zeit bewußt verzichtet. Dies soll aber eine sparsame Verwertung symbolischer Darstellungen nicht ausschließen. Vorbild für den neuen Kirchenbau ist die Basilika des Urchristentums mit der Anlehnung an das Langhaus der alten römischen Markthalle.

Die Eigenart der Pfarrkirchenanlage in Tisis ist der sehr stark geneigte Baugrund. Es ergab sich die Notwendigkeit, die Kirche vollständig zu unterkellern. Somit entstand eine Unterkirehe, ein Pfarrsaal mit allen seinen Nebenräumen. Der Turm wurde an das Schiff angebaut und so gestellt, daß er der Haltepunkt für den Kirchenplatz ist. Da die Tisiser Kirche hart an der Bundesstraße nach Liechtenstein und senkrecht zur Straßenführung liegt, sieht man zur Gänze die als Portal gestaltete Längsseite des Kirchenschiffes. Daher das weit vorstehende, auf Stützen ruhende Vordach mit dem Turm als Abschluß.

Das Persönliche an der Pfarrkirche Muntlix dagegen ist, daß sie auf ebenem Grund zu stehen kam. Der Turm wurde aus städtebaulichen Gründen als Campanile geplant, da der Hauptverkehrsweg etwa hundert Meter entfernt vorbeiführt und man durch eine Seitenstraße zur Kirche gelangt.

Daher wird der freistehende Turm zum Blickfang und Wegweiser zur Andachtsstätte. Es ist auch nicht unmaßgeblich, in welche ‘Um gebung eine Kirche zu stehen kommt, das heißt, ob freistehend oder eingeschlossen in ein engeres Verbauungsgebiet. Davon abhängig ist die Verwertung der neuzeitlichen Baustoffe mit ihren gegebenen Konstruktionsmöglichkeiten. Für eine Kirche müßte somit die Gestaltung, Konstruktion und Verwendung des Baustoffes wohl modern, er haben, aber nicht bizarr in der Gesamtform zur Wirkung kommen. ,

Die Kirche in Tisis entstand in einer Arbeitsgemeinschaft der Architekten Endef- Magloth, so wie der Rohbau der Kirche Muntlix. Ihre Fertigstellung oblag dem Artikelverfasser allein.

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