"Immer mehr ein Teil von uns"

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Drei Pflegeeltern geben Einblick in die alltäglichen Herausforderungen mit Kindern, die im Spannungsfeld von zwei Familien leben müssen.

Bereut haben wir es nie", sagt Georg Schürer: Die Familie hat neben drei eigenen Kindern, zwei sind schon erwachsen, drei Pflegekinder angenommen, vier, sechs und elf Jahre alt. "Natürlich gibt es schwierige Situationen, aber das ist menschlich", sagt Schürer. Um den Austausch mit anderen Pflegeeltern zu forcieren, erweckte der 52-jährige Salzburger den Selbsthilfeverein "Kinder brauchen Eltern" wieder zum Leben. Die Salzburger Pflegefamilien sollten eine stärkere Stimme erhalten. Im Grunde fühlt sich die Familie gut vom Jugendamt betreut. Es gibt die Möglichkeit, an Supervisionsgruppen teilzunehmen. Dennoch: "Es wird zu wenig gesehen, dass wir einen öffentlichen Auftrag erfüllen", sagt er. Zwar werden Sonderausgaben wie Therapien oder eine Zahnregulierung vom Jugendamt bestritten, dennoch fühlten sich die Pflegeeltern allzu oft als Bittsteller. Wünschenswert wäre laut Schürer auch eine durchlaufende Anstellung, wie es sie etwa in Oberösterreich oder Wien gibt, besonders bei Kurzzeit- und Krisenpflege. In solchen Fällen kommt es nicht selten zu sozial- und arbeitsrechtlichen Problemen für die Eltern.

"Man sollte die leiblichen Eltern nicht verurteilen, das ist dann auch schwierig für die Kinder", wünscht sich Barbara Gangl von der Gesellschaft. Das Ehepaar Gangl aus Graz hat zwei Pflegekinder, vier und drei Jahre, angenommen. "Wir haben selbst leider keine Kinder", sagt die 39-jährige Bibliothekarin zu ihrer Motivation, Pflegekinder anzunehmen. Der ältere Bub kam zu ihnen, als er zehn Monate alt war; der jüngere bereits mit drei Monaten. "Aber selbst so kleine Kinder merken es genau, wenn sie plötzlich in eine ganz neue Umgebung kommen." Der ältere Bub musste zwei Beziehungsabbrüche verkraften, ehe er in diese Familie kam. Er hat daher große Trennungsängste. "Beide entwickeln sich aber nun sehr gut." Gangl ist Vollzeit-Pflegemutter, aber nicht angestellt. "Das Finanzielle ist o.k., aber man tut es eh nicht wegen des Geldes."

So wie die anderen Pflegeeltern berichtet auch Frau M. von der äußerst sensiblen und schwierigen Anfangszeit mit dem neuen Pflegekind (die Pflegemutter aus Oberösterreich will nicht namentlich erwähnt werden): Nun werde der mittlerweile Achtjährige immer selbstbewusster, weniger aggressiv und entwickle sich sehr gut, auch in der Schule. Der Bub kam mit vier Jahren in die Familie. "Sie hat es einfach nicht besser geschafft", antwortet Frau M., wenn das Kind nach seiner Mutter fragt, zu der es keinen Kontakt mehr hat. Die bei einem Pflegeverein angestellte Mutter gesteht ein, dass ihr die eigenen Kinder (sie hat eine elf- und zweijährige Tochter) schon noch viel näher stünden. "Ich bin bei ihm ungeduldiger, leider, aber ich arbeite an mir," sagt die 37-Jährige: "Es fehlen einfach vier Jahre, aber er wird immer mehr ein Teil von uns." bog

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